Vermögensentschädigung

Der Allgemeine Entschädigungsfonds hatte die Aufgabe, offene Fragen der Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus umfassend zu lösen und Österreichs moralische Verantwortung für Vermögensverluste, die Opfer des NS-Regimes zwischen 1938 und 1945 in Österreich erlitten haben, durch freiwillige Leistungen anzuerkennen. Jene Verluste, die bislang von früheren österreichischen Rückstellungs- oder Entschädigungsmaßnahmen nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden waren, stand hier im Vordergrund.

Antragsberechtigt waren Personen oder Vereinigungen, die vom NS-Regime aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, aufgrund körperlicher oder geistiger Behinderung oder aufgrund des Vorwurfs der so genannten Asozialität verfolgt wurden, sowie Personen, die das Land verlassen haben, um einer solchen Verfolgung zu entgehen. Weitere Voraussetzung war, dass diese Personen als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich während der NS-Zeit Verluste oder Schäden erlitten hatten. Antragsberechtigt waren überdies Erbinnen und Erben von antragsberechtigten Personen sowie RechtsnachfolgerInnen von Vereinigungen, die durch das NS-Regime aufgelöst worden waren.

Der Entschädigungsfonds entschädigte in insgesamt zehn verschiedenen Verlustkategorien:

  • Liquidierte Betriebe einschließlich Konzessionen und anderes Betriebsvermögen
  • Immobilien, soweit für diese nicht Naturalrestitution gemäß Teil 2 des Entschädigungsfondsgesetzes geleistet wurde
  • Bankkonten
  • Aktien
  • Schuldverschreibungen
  • Hypotheken
  • Bewegliches Vermögen, soweit derartige Vermögensverluste nicht bereits durch Leistungen des Nationalfonds abgegolten wurden
  • Versicherungspolizzen
  • Berufs- und ausbildungsbezogene Verluste
  • Sonstige Verluste und Schäden

Im Vergleich mit anderen nationalen oder internationalen Entschädigungsmaßnahmen, bei denen entweder nur wenige Vermögenskategorien beansprucht werden konnten oder aber die Entschädigung in Pauschalsummen erfolgte, war die Aufgabenstellung der Leistung individueller Zahlungen für Schäden in zehn Kategorien ungleich komplexer. Insbesondere verfügte der Entschädigungsfonds mit der Kategorie "sonstige Verluste und Schäden" über die Möglichkeit, alle Arten von Schäden zu berücksichtigen, die von den anderen Kategorien nicht umfasst waren.

Die Entschädigungsansprüche konnten in zwei Verfahrensarten, dem Forderungs- und dem Billigkeitsverfahren, geltend gemacht werden. Entschädigungsansprüche für liquidierte Betriebe, Immobilien, Bankkonten, Aktien, Schuldverschreibungen, Hypotheken, bewegliches Vermögen und Versicherungspolizzen konnten im Forderungsverfahren geltend gemacht werden. In diesem Fall lag es an den AntragstellerInnen, ihre Forderungen nach erleichterten Beweisstandards zu konkretisieren.

Überdies konnten Forderungen in sämtlichen Kategorien, die nach den Beweisstandards des Forderungsverfahrens nicht ausreichend dokumentiert waren, im Billigkeitsverfahren geltend gemacht werden, wobei die Bewertung der Verluste pauschaliert durchgeführt wurde. Lediglich Verluste der Kategorien "berufs- und ausbildungsbezogene Verluste" und "sonstige Verluste und Schäden" konnten nur im Billigkeitsverfahren beantragt werden.

Im Anschluss an die Bearbeitung der Anträge durch die MitarbeiterInnen des Fonds, entschied das unabhängige, international zusammengesetzte Antragskomitee über individuelle Zahlungen für die Entschädigungsforderungen.

Die Antragsfrist endete am 28. Mai 2003.