Entscheidung Nr. 8/2004

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Hui F., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Allentsteig (24002), Allentsteig, Niederösterreich | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

8/2004

Datum

06.12.2004

Gründe

Keine Verfolgung iSd EF-G
Keine Entziehung iSd EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 8/2004

Niederösterreich, Allentsteig
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution lehnt am 6. Dezember 2004 einen Antrag auf Rückstellung von Liegenschaften innerhalb des Truppenübungsplatzes Allentsteig sowie im Ortsbereich Allentsteig ab. Die Liegenschaften wurden 1939 im Zuge der Errichtung des Truppenübungsplatzes durch die Deutsche Wehrmacht angekauft. Einer der Verkäufer war politischer Verfolgung ausgesetzt. Letztere stand nach Ansicht der Schiedsinstanz aber in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Liegenschaftsverkauf an die Wehrmacht. Somit lag auch keine Vermögensentziehung im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes vor.
In ihrem Rückstellungsbegehren erklärte die Antragstellerin F., dass alle drei Liegenschaften aufgrund der politischen Verfolgung der Eigentümer – das Ehepaar F. und ihr Sohn A. - durch das Deutsche Reich entzogen wurden. Der betreffende Grundbesitz wurde 1939 für die Anlage des Truppenübungsplatzes „Döllersheim“ durch die von der Deutschen Wehrmacht beauftragte Deutsche Ansiedlungsgesellschaft (DAG) angekauft. Die Liegenschaften befanden sich in der niederösterreichischen Gemeinde Allentsteig. Die zwei Liegenschaften der Eltern F. wurden im Auftrag der Deutschen Wehrmacht im April 1939 für 143.000,- Reichsmark, die Grundstücke ihres Sohnes bereits im März 1939 um 3.265,- Reichsmark erworben. Die Familie F. blieb nach dem Verkauf in Allentsteig; A. diente ab 1940 in der Deutschen Wehrmacht und kehrte 1946 aus der Kriegsgefangenschaft nach Allentsteig zurück. 1949 forderten sowohl die Eltern F. als auch ihr Sohn die Rückstellung ihrer 1939 verkauften Grundstücke. Beide Verfahren wurden 1955 von den zunächst zuständigen Rückstellungskommissionen an die Finanzlandesdirektion (FLD) Wien abgetreten. Die Rückstellungsanträge wurden nunmehr nach dem 3. Staatsvertragsdurchführungsgesetz dahingehend geprüft, ob der Verkauf an die Wehrmacht aufgrund „missbräuchlicher Gesetzesanwendung“ oder „lediglich auf Grund politischer Verfolgung“ der Betroffenen erfolgte. In beiden Verfahren verneinte die FLD das Vorliegen der Entziehungsvoraussetzungen und wies die Anträge zurück. Das Ehepaar F. legte Berufung ein und wies auf die politische Verfolgung seines Sohnes hin. Dieser sei durch die NSDAP, namentlich den Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Fritz O., angefeindet worden. Die Verfolgungshandlungen hätten auch die Eltern in Misskredit gebracht, so dass sie sich gezwungen sahen, ihren ganzen Grundbesitz an die DAG zu veräußern. Der Rückstellungsantrag des Ehepaars F. wurde 1961 durch einen Vergleich mit der Republik Österreich beendet, der die Rückgabe eines militärisch nicht genutzten Teils des ehemaligen Grundbesitzes vorsah. In den 1960er und 1970er Jahren strengte A. – erfolglos – mehrere Gerichtsverfahren an, die unter anderem auf eine Annullierung des Vergleichs von 1961 und eine Fortsetzung des elterlichen Rückstellungsverfahrens zielten.

In ihrer rechtlichen Beurteilung hatte die Schiedsinstanz zu prüfen, ob politische Verfolgungsgründe für den Verkauf der Liegenschaften an die Deutsche Wehrmacht im Jahr 1939 maßgeblich waren. Die Schiedsinstanz gelangte zur Ansicht, dass die Anlage des Truppenübungsplatzes per se keine Verfolgung darstellt und dass auch die Abwicklung des Liegenschaftsankaufs gegenüber dem Ehepaar F. keine Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung enthält. In Bezug auf A. hielt die Schiedsinstanz eine Verfolgung durch das NS-Regime für erwiesen. Diese Einschätzung konnte sich u.a. darauf stützen, dass A. in den Augen der NSDAP-Ortsgruppe als „Verräter“ galt und ihm auch von Seiten der NS-Bezirksbehörden seine „politische Unzuverlässigkeit“ vorgehalten wurde. Allerdings stand nach Ansicht der Schiedsinstanz der konkrete Grundstückserwerb durch die Wehrmacht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den betreffenden Diskriminierungen. Der Grundbesitz von A. wäre ohnehin von der Wehrmacht angefordert worden. Auch die Durchführung des Verkaufs erfolgte in einer Weise, die keine diskriminierende Behandlung des A. erkennen ließ. Aus diesem Grund lag für die Schiedsinstanz auch keine Vermögensentziehung vor.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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