Entscheidung Nr. 9/2005
Antrag
AntragstellerIn, Status
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Grund
Typ
Anonymisierter Volltext
Verbundene Entscheidung
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 9/2005
Die mit einem spätbarocken Schloss und mehreren Wirtschaftsgebäuden bebaute, 54.000 m² große Liegenschaft befand sich im März 1938 im Alleineigentum von Marie M.-A. Mit Kaufvertrag vom 7. Juli und Nachtrag vom 15. September 1938 verkaufte Marie M.-A. die mit mehreren Pfandrechten schwer belastete Liegenschaft an den „Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei (Polizeiverwaltung)“ zu einem Gesamtkaufpreis von RM 580.000,-. Bei Kriegsende übernahm die französische Besatzungsmacht die Liegenschaft und errichtete in dem Gebäude das französische Hochkommissariat.
Im März 1954 gaben die drei Miterben nach Marie M.-A., Heinrich M.-A. jun., Maria B. und Flora P., schriftliche Verzichtserklärungen ab. In diesen bestätigten sie, dass die gegenständliche Liegenschaft im Jahr 1938 durch ordnungsgemäßen Kaufvertrag mit dem Deutschen Reich (Polizeiverwaltung) verkauft worden sei, „der Kaufvertrag ohne jeglichen Zwang oder sonstige Beeinflussung freiwillig abgeschlossen wurde“, der vereinbarte Kaufpreis dem wahren Wert des Objekts entsprochen und der Kaufpreis zwar verspätet, aber zur Gänze ausbezahlt worden sei. Die Erben gaben weiters an, keinerlei Ansprüche aus dem Titel einer Rückstellung gegen den Käufer oder deren Rechtsnachfolger zu stellen. Im Zuge der Umsetzung des Staatsvertrags von 1955 ging das Eigentumsrecht an der Liegenschaft im August 1957 an die Republik Österreich über. Der Enkel von Marie M.-A. beantragte die Rückstellung der Liegenschaft.
In ihrer rechtlichen Beurteilung hatte die Schiedsinstanz zu prüfen, ob eine politische Verfolgung der ursprünglich Geschädigten im Sinne des § 27 EF-G vorliegt. Der Kaufvertrag beinhaltete keine außergewöhnlichen Vertragsklauseln und entsprach auch sonst den unbedenklichen Kaufverträgen. Auch die nachträgliche Beurkundung, dass die ursprünglich Geschädigte „Arierin“ war, lässt nach Ansicht der Schiedsinstanz den Schluss zu, dass die Zugehörigkeit zu einer vom Nationalsozialismus diskriminierten oder politisch verfolgten Personengruppe nicht per se vorgelegen hat. Da die Schiedsinstanz nicht feststellen konnte, ob Marie M.-A. einer Druckausübung oder dem Einsatz von Zwangsmitteln ausgesetzt war, konnte dieser Umstand nicht als tatsächlich diskriminierende Handlung gewertet werden. Der Antrag war somit mangels Verfolgung der ursprünglichen Eigentümerin abzulehnen.
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