Entscheidung Nr. 206/2006

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Joan R., Empfehlung
Paul Ludwig W., Empfehlung

Öffentliches Eigentum

Stadt Wien

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Neuwaldegg (01404), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

206/2006

Datum

12.07.2006

Gründe

Keine Zuständigkeit der Schiedsinstanz bzw. kein Anwendungsbereich des EF-G
Keine frühere Maßnahme iSd EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Verbundene Entscheidung

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 206/2006

Wien, Neuwaldegg

Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 12. Juli 2006 den Rückstellungsanspruch auf ein Drittel einer der Stadt Wien gehörenden Liegenschaft in Neuwaldegg bejaht. Ausschlaggebend dafür war, dass dieser Liegenschaftsanteil niemals Gegenstand eines früheren Verfahrens war.

Die beantragte Liegenschaft befand sich 1938 im Eigentum der Geschwister Paul W., Hermine W. und Helene S. Die Geschwister W. galten 1938 als Juden im Sinne der Nürnberger Gesetze. Paul W. wurde es verboten, weiter zu lehren und als Konzertpianist öffentlich aufzutreten. Um einer Verfolgung zu entgehen und um seinen Beruf weiter ausüben zu können, emigrierte er 1938 über die Schweiz in die USA. Seine beiden Schwestern blieben während der gesamten NS-Zeit in Österreich.

1939 wurde den Geschwistern W. durch eine Vereinbarung mit der Deutschen Reichsbank, die auf die Ablieferung der Devisen des in der Schweiz veranlagten Familienvermögens drängte, der Status von so genannten Mischlingen zugesprochen. Im Zuge der Umsetzung dieser Vereinbarung musste Paul W. seine Liegenschaften, darunter das betreffende Liegenschaftsdrittel in Neuwaldegg, an seine Schwestern veräußern. Der Kaufpreis wurde zur teilweisen Abdeckung der Reichsfluchtsteuer von Paul W. in der Höhe von 1,6 Mio. Reichsmark verwendet.

Nach 1945 strengte Paul W. kein Rückstellungsverfahren an. Die Schiedsinstanz konnte auch keine sonstige Entschädigung feststellen.

Die Schiedsinstanz prüfte, ob der Verkauf der Liegenschaften an die Schwestern aus Gründen der Abstammung und im Zusammenhang mit der NS-Verfolgung der Miteigentümer erfolgt war. Die Schiedsinstanz stellte fest, dass die Ein-Drittel-Liegenschaftsanteile der KG Neuwaldegg im Zusammenhang mit der Flucht Paul W.s und der Vereinbarung mit der Reichsbank an seine Schwestern Helene S. und Hermine W. aus Gründen der Abstammung verkauft wurden.

Da bezüglich des Ein-Drittel-Anteils von Paul W. kein früheres Verfahren festgestellt werden konnte, erkannte die Schiedsinstanz den Anspruch der Erben von Paul W. als dem Grunde nach zu Recht bestehend und empfahl eine Rückstellung des betreffenden Anteils.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
Für Rückfragen: