Entscheidung Nr. 318/2006
Antrag
AntragstellerIn, Status
Irene F., Ablehnung
Anna M., Ablehnung
Anna M., Ablehnung
Öffentliches Eigentum
Stadt Wien
Vermögensart
unbeweglich
Liegenschaft/en in
KG Landstraße (01006), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen
Entscheidung
Nummer
318/2006
Datum
11.12.2006
Grund
Rückstellung nach 1945 bereits erfolgt
Typ
materiell
Anonymisierter Volltext
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 318/2006
Wien, Landstraße
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution lehnte am 11. Dezember 2006 den Antrag auf Naturalrestitution einer im Eigentum der Stadt Wien stehenden Liegenschaftshälfte in Wien, Landstraße ab. Diese war bereits 1950 dem geschädigten Eigentümer zurückgestellt worden. Demnach konnte die Schiedsinstanz keine Empfehlung auf erneute Rückgabe der Anfang der 1980er Jahre an die Stadt Wien gelangten Liegenschaftshälfte aussprechen.
Eine mit einem mehrstöckigen Zinshaus bebaute Liegenschaft im 3. Bezirk befand sich 1938 zur Hälfte im Eigentum des Juden Rudolf G, der seinen Anteil im Mai 1939 um 12.000,- Reichsmark an Theodora S. und Josef Sylvester B. unter Auflagen der NS-Behörden verkaufte. Rudolf G. verließ im Mai 1939 Wien, konnte aber erst 1941 seine endgültige Flucht in die USA realisieren.
Im Juli 1948 beantragte Rudolf G. die Restitution seiner Liegenschaftshälfte bei der Rückstellungskommission Wien. Mittels Teilerkenntnis von Februar 1949 sprach diese die Rückstellungsverpflichtung von Theodora S. und Josef Sylvester B. aus. Ob Rudolf G. über den Kaufpreis frei hat verfügen können, wurde einem Enderkenntnis vorbehalten. Diesem kam im März 1950 jedoch der Vergleichsabschluss zuvor, in dem sich Rudolf G. verpflichtete an Theodora S. und Josef Sylvester B. 12.264,75 Schilling zu zahlen. Damit galten deren Gegenforderungen sowie die ebenfalls von Rudolf G. beantragten Mieteinnahmen als verglichen.
Im August 1950 verkauften Rudolf G. und die anderen Hälfteeigentümer die Liegenschaft zu Gänze an die M.AG. 1981 wurde die Liegenschaft von der Stadt Wien erworben.
Die nunmehrigen Antragstellerinnen, Erbinnen nach Rudolf G., brachten in ihren Rückstellungsanträgen die „extreme Ungerechtigkeit“ des seinerzeitigen Vergleiches vor. Dieser sei unter Beeinträchtigung der Privatautonomie auf Grundlage eines inkorrekten Teilerkenntnisses abgeschlossen worden. Die Rückstellungskommission habe in diesem, ohne die freie Verfügbarkeit des Kaufpreises geprüft zu haben, fälschlicherweise die sogenannte Redlichkeit der Erwerber festgestellt. Damit sei Rudolf G. der Zuspruch der Mieterträgnisse verwehrt worden. Die ökonomische Zwangslage, in der sich Rudolf G. aufgrund der früheren NS-Verfolgung befunden habe, habe zu dem nachteiligen Vergleichabschluss geführt.
Die Schiedsinstanz hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob trotz einer bereits einmal erfolgten Rückgabe eine Liegenschaft neuerlich rückgestellt werden kann. Der Zweck des Entschädigungsfondsgesetzes besteht darin, offene Fragen der Entschädigung von NS-Opfern zu klären. Für die dem Vorfahren der Antragstellerinnen durch das fehlerhafte Teilerkenntnis entstandenen finanzielle Verluste sieht das Entschädigungsfondsgesetz Möglichkeiten einer monetären Abgeltung vor. Die Entscheidung darüber fällt jedoch nicht in die Kompetenz der Schiedsinstanz. Der gegenüber der Schiedsinstanz geltend zu machende Anspruch auf Rückstellung ist hingegen bereits in einem früheren Verfahren positiv entschieden worden. Aus diesen Gründen konnte keine Empfehlung auf Rückstellung der Liegenschaftshälfte ausgesprochen werden.
Im Juli 1948 beantragte Rudolf G. die Restitution seiner Liegenschaftshälfte bei der Rückstellungskommission Wien. Mittels Teilerkenntnis von Februar 1949 sprach diese die Rückstellungsverpflichtung von Theodora S. und Josef Sylvester B. aus. Ob Rudolf G. über den Kaufpreis frei hat verfügen können, wurde einem Enderkenntnis vorbehalten. Diesem kam im März 1950 jedoch der Vergleichsabschluss zuvor, in dem sich Rudolf G. verpflichtete an Theodora S. und Josef Sylvester B. 12.264,75 Schilling zu zahlen. Damit galten deren Gegenforderungen sowie die ebenfalls von Rudolf G. beantragten Mieteinnahmen als verglichen.
Im August 1950 verkauften Rudolf G. und die anderen Hälfteeigentümer die Liegenschaft zu Gänze an die M.AG. 1981 wurde die Liegenschaft von der Stadt Wien erworben.
Die nunmehrigen Antragstellerinnen, Erbinnen nach Rudolf G., brachten in ihren Rückstellungsanträgen die „extreme Ungerechtigkeit“ des seinerzeitigen Vergleiches vor. Dieser sei unter Beeinträchtigung der Privatautonomie auf Grundlage eines inkorrekten Teilerkenntnisses abgeschlossen worden. Die Rückstellungskommission habe in diesem, ohne die freie Verfügbarkeit des Kaufpreises geprüft zu haben, fälschlicherweise die sogenannte Redlichkeit der Erwerber festgestellt. Damit sei Rudolf G. der Zuspruch der Mieterträgnisse verwehrt worden. Die ökonomische Zwangslage, in der sich Rudolf G. aufgrund der früheren NS-Verfolgung befunden habe, habe zu dem nachteiligen Vergleichabschluss geführt.
Die Schiedsinstanz hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob trotz einer bereits einmal erfolgten Rückgabe eine Liegenschaft neuerlich rückgestellt werden kann. Der Zweck des Entschädigungsfondsgesetzes besteht darin, offene Fragen der Entschädigung von NS-Opfern zu klären. Für die dem Vorfahren der Antragstellerinnen durch das fehlerhafte Teilerkenntnis entstandenen finanzielle Verluste sieht das Entschädigungsfondsgesetz Möglichkeiten einer monetären Abgeltung vor. Die Entscheidung darüber fällt jedoch nicht in die Kompetenz der Schiedsinstanz. Der gegenüber der Schiedsinstanz geltend zu machende Anspruch auf Rückstellung ist hingegen bereits in einem früheren Verfahren positiv entschieden worden. Aus diesen Gründen konnte keine Empfehlung auf Rückstellung der Liegenschaftshälfte ausgesprochen werden.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
Für Rückfragen: presse@nationalfonds.org
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