Entscheidung Nr. 319/2007

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Lotte H., Ablehnung
Colombe M., Ablehnung
Viktoria T., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Innere Stadt (01004), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

319/2007

Datum

22.01.2007

Grund

Rückstellung nach 1945 bereits erfolgt

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 319/2007

Wien, Innere Stadt
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 22. Jänner 2007 den Antrag auf Restitution einer Liegenschaft in Wien/Innere Stadt, die zum Stichtag 17. Jänner 2001 der Republik Österreich gehörte, abgelehnt. Die Liegenschaft war bereits Gegenstand eines Rückstellungsverfahrens gewesen, das 1950 mit einem Vergleich beendet wurde, mit dem sie der ehemaligen Eigentümerin zurückgestellt worden war. Demnach konnte die Schiedsinstanz keine Empfehlung auf erneute Restitution der gegenständlichen Liegenschaft aussprechen.
Die mit einem fünfstöckigen Eckhaus bebaute Liegenschaft im 1. Bezirk befand sich 1938 je zur Hälfte im Besitz der Geschwister Georg B. und Wilhelmine P., die nach den Nürnberger Gesetzen als Juden galten. Die Liegenschaft wurde 1939 um 280.000,- Reichsmark an Otto K. verkauft, wobei eine Genehmigung durch die NS-Vermögensverkehrsstelle zwingend vorgeschrieben war. Wilhelmine P. konnte gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter 1939 nach London emigrieren. Georg B. wurde 1941 in das Ghetto Litzmannstadt/Lodz deportiert, wo er 1942 starb.

1947 beantragte Wilhelmine P., die nach der Todeserklärung ihres Bruders Georg B. seine Erbin geworden war, die Rückstellung der beantragten Liegenschaft vor der Rückstellungskommission Wien. Im Mai 1950 wurde der Antragsgegner Otto K. in einem Vergleich verurteilt, der Antragstellerin Wilhelmine P. gegen Rückzahlung einer Summe von nunmehr 315.000,- Schilling die Liegenschaft zurückzustellen. Damit wären alle die Liegenschaft betreffenden Ansprüche beglichen. Im selben Monat verkaufte Wilhelmine P. die Liegenschaft an die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, welche die Liegenschaft 1982 an die Republik Österreich verkaufte.

Die Antragstellerinnen stützten die von ihnen vorgebrachte „extreme Ungerechtigkeit“ des seinerzeitigen Rückstellungsverfahrens auf die ihnen im Zuge des Rückstellungsverfahrens entstandenen materiellen Verluste.

Die Schiedsinstanz hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob trotz einer bereits einmal erfolgten Rückgabe eine Liegenschaft neuerlich rückgestellt werden kann. Der Zweck des Entschädigungsfondsgesetzes besteht darin, offene Fragen der Entschädigung von NS-Opfern zu klären. Für die dem Vorfahren der Antragstellerinnen durch das fehlerhafte Teilerkenntnis entstandenen finanziellen Verluste sieht das Entschädigungsfondsgesetz Möglichkeiten einer monetären Abgeltung vor. Die Entscheidung darüber fällt jedoch nicht in die Kompetenz der Schiedsinstanz. Der gegenüber der Schiedsinstanz geltend zu machende Anspruch auf Rückstellung ist hingegen bereits in einem früheren Verfahren positiv entschieden worden. Aus diesen Gründen konnte keine Empfehlung auf Rückstellung der Liegenschaft ausgesprochen werden.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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