Entscheidung Nr. 442/2008
Antrag
AntragstellerIn, Status
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Grund
Typ
Anonymisierter Volltext
Verbundene Entscheidung
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 442/2008
Der ca. 28 ha große Hof am Ufer des Ossiachersees befand sich 1938 im Eigentum der Theresia W. Aufgrund seiner Größe fiel der Hof unter das deutsche Reichserbhofgesetzes 1933, das verschiedene Voraussetzungen für die Übernahme eines solchen Erbhofes festlegte, die unter dem Begriff der "Bauernfähigkeit" zusammengefasst wurden.
Nach dem Tod von Theresia W. im Dezember 1939 wurde die Bauernfähigkeit des von Theresia W. als Erben bestimmten Ignaz W. sowohl vom zuständigen Anerbengericht als auch vom damaligen Ossiacher Bürgermeister und den Funktionären des Reichsnährstandes bezweifelt. Als Begründung wurde übereinstimmend angeführt, dass sich der Hof in einem desolaten Zustand befunden habe und Ignaz W., der den Hof gemeinsam mit seiner Mutter Theresia W. bewirtschaftet hatte, dafür Verantwortung trage. Dieser sei nicht befähigt gewesen, einen Hof ordnungsgemäß zu führen.
Ignaz W. wollte den Hof seiner Mutter unbedingt halten, wurde jedoch im Zuge von Verhandlungen von einem lokalen NS-Funktionär mit der Einweisung in ein Konzentrationslager bedroht, falls er nicht auf den Hof verzichte. Letztlich wurde der Hof Josef S. durch Beschluss des Anerbengerichts übergeben. Josef S. war weder der von lokalen NS-Funktionären noch der vom Bürgermeister favorisierte "Kandidat". Ignaz W. erhielt für seinen Verzicht lebenslängliche Versorgungsrechte zugesichert. Nach dem Krieg wurden von der Rückstellungskommission die Rückstellungsansprüche des Ignaz W. abgewiesen. In den 1960er Jahren wurde auf Teilen der Hofgründe eine Landesstraße errichtet, die sich zum Stichtag 17. Jänner 2001 im Eigentum des Landes Kärnten befand.
Der Antragsteller stützte seinen Restitutionsantrag auf die politische Verfolgung des Ignaz W. Dieser sei ein erklärter Gegner der Nationalsozialisten gewesen, sei mit KZ bedroht worden und habe deswegen den Hof verloren.
Die Schiedsinstanz hatte nun zu prüfen, ob Ignaz W. während des NS-Regimes tatsächlich einer Verfolgung im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes ausgesetzt war. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass Ignaz W. aus einem der im Gesetz genannten Verfolgungsgründe die Übernahme des Hofes verweigert wurde. Es gab auch keine Hinweise, dass das Reichserbhofgesetz gegenüber Ignaz W. in diskriminierender Absicht angewendet wurde. Ebenso wenig handelte es sich bei den im konkreten Fall angewandten Normen des Reichserbhofgesetzes um typisch diskriminierende NS-Normen.
Da die Antragsvoraussetzung der Verfolgung verneint werden musste, konnte keine Empfehlung auf Rückstellung der Liegenschaft ausgesprochen werden.
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