Entscheidung Nr. 443/2008

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Elisabeth B., Ablehnung
John B., Ablehnung
Jenny L., Ablehnung
Daniel M., Ablehnung
Simon M., Ablehnung
Pamela T., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Grundlsee (67003), Grundlsee, Steiermark | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

443/2008

Datum

23.06.2008

Grund

Keine "extreme Ungerechtigkeit" iSd § 32 Abs 2 Z 1 EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 443/2008

Steiermark, Grundlsee
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 23. Juni 2008 den Antrag auf Restitution einer Liegenschaft in der Steiermark, Grundlsee, die zum Stichtag 17. Jänner 2001 der Republik Österreich gehörte, abgelehnt. Die Liegenschaft war bereits Gegenstand eines Rückstellungsverfahrens gewesen, das 1953 mit einem Vergleich beendet worden war. Die Schiedsinstanz konnte im damaligen Verfahren und im Vergleich keine Hinweise auf eine "extreme Ungerechtigkeit" finden.
Die Liegenschaft auf der "Schwaiberalm" in Grundlsee befand sich 1938 im Besitz der Erben nach dem 1930 verstorbenen Industriellen Isidor M. - Stephan M., Marie K., Käthe B., Heinrich M., Lorenz M., Konrad M. und Anna M., die nach den Nürnberger Gesetzen als Juden galten. Die Liegenschaft, eine Almhütte und Wiesenflächen, verfiel 1941 dem Deutschen Reich, nachdem alle LiegenschaftsmiteigentümerInnen ins Ausland geflohen waren. Ab dem Jahr 1941 wurde die Almhütte, die zuvor von der Familie M. zu Zwecken der Sommerfrische genutzt worden war, von der Fliegertechnischen Schule in Wischau, Mähren ausgebaut und von Soldaten der Luftwaffe als Erholungs- und Schiheim verwendet. 1944 schließlich wurde die Liegenschaft mittels Überlassungsabkommen vom Oberfinanzpräsidenten Oberdonau um den Schätzwert von 4.462,80 Reichsmark an die Fliegertechnische Schule Wischau abgegeben. Dieser Betrag wurde zur Teilschuldentilgung an die Reichsbankhauptstelle Wien überwiesen, die - noch als Österreichische Nationalbank - seit dem Jahr 1930 eine Forderung gegen die Verlassenschaft nach Isidor M. von 755.000,- Schilling hatte.

1948 beantragten Marie K., Käthe B., Heinrich M., Lorenz M., Michael M. (ehemals Konrad M.), Anna W., geb. M. und die Kinder des in einem nationalsozialistischen Lager ermordeten Stephan M. - Andreas M., Elisabeth M. und Karl M. - vor der Rückstellungskommission Linz die Rückstellung der Liegenschaft vom Deutschen Reich. 1952 bestätigte die Rückstellungskommission die Nichtigkeit des Überlassungsabkommens von 1944. Im Juni 1953 erfolgte ein Vergleich zwischen Marie K., der von den übrigen RückstellungswerberInnen die Rückstellungsansprüche übertragen worden waren, und dem Deutschen Reich, vertreten durch einen Abwesenheitskurator: Gegen Zahlung einer Summe von 22.500,- Schilling an Marie K. verblieb die Liegenschaft im Eigentum des Deutschen Reiches und wurde nach dem Staatsvertrag von Wien 1955 an die Republik Österreich übertragen. Am 17. Jänner 2001 gehörte die Liegenschaft nach wie vor der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste).

Die Schiedsinstanz hatte sich mit der Frage der von den nunmehrigen AntragstellerInnen vorgebrachten "extremen Ungerechtigkeit" auseinander zu setzen. Im gegenständlichen Fall gelangte die Schiedsinstanz jedoch nur zu einer Wertdifferenz von rund 12 % zwischen einem hypothetischen Rückstellungserkenntnis und der Vergleichssumme; auch war keine hinreichende Einschränkung der Privatautonomie nachweisbar. Beide Kriterien, welche eine extreme Ungerechtigkeit begründen hätten können, waren somit eher schwach ausgeprägt. Aus diesen Gründen konnte keine Empfehlung auf Rückstellung der Liegenschaft ausgesprochen werden.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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