Entscheidung Nr. 444/2008

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Hubert W., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Mayrlambach (51118), Edt bei Lambach, Oberösterreich | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

444/2008

Datum

23.06.2008

Grund

Keine Entziehung iSd EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 444/2008

Oberösterreich, Mayrlambach
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 23. Juni 2008 die Rückstellung einer am 17. Jänner 2001 im Eigentum der Lagereibetriebe GmbH stehenden Liegenschaft in Edt/Lambach, Oberösterreich, abgelehnt. Es lagen keine Hinweise vor, dass zwischen der in der NS-Zeit erfolgten Vermögensübertragung und der vom Antragsteller behaupteten politischen Verfolgung der damaligen Liegenschaftseigentümerin ein Zusammenhang bestand.
Josef E. war im Jahr 1938 Eigentümer eines ca. 30 Hektar großen Bauernhofes in Edt bei Lambach in Oberösterreich. Nachdem er im Februar 1939 verstorben war, wurde seine Schwester Maria A. Hoferbin. Der örtliche Kreisbauernführer begehrte in diesem Zusammenhang vom Anerbengericht Lambach die Feststellung, dass Maria A. nach den Bestimmungen des mittlerweile in Österreich in Geltung stehenden Reichserbhofgesetzes nicht bauernfähig sei. Eine positive Entscheidung über diesen Antrag hätte bedeutet, dass Maria A. den Bauernhof verloren hätte.

Nach Einvernahme von insgesamt sechs Zeugen und von Maria A. selbst kam das Anerbengericht im November 1939 allerdings zum Ergebnis, dass Maria A. vollkommen befähigt sei, den geerbten Bauernhof zu bewirtschaften. Der Antrag des Kreisbauernführers wurde abgewiesen.

Bereits im Frühjahr 1939 war der "Reichsnährstand", der Zusammenschluss aller im landwirtschaftlichen Sektor Tätigen, an Maria A. und die Grundnachbarn, die Eheleute P. herangetreten, um mit diesen über eine Grundabtretung zur Errichtung einer Getreidelagerhalle in unmittelbarer Nähe der Westbahnstrecke zu verhandeln. Für diese Zwecke stand dem Deutschen Reich auch eine gesetzliche Enteignungsmöglichkeit zur Verfügung. Am 31. August 1939 verkauften Maria A. und die Eheleute P. an das Deutsche Reich 4.039 m² bzw. 1.476 m² ihres Grundbesitzes um eine Quadratmeterpreis von jeweils 1,20 Reichsmark. Auf dieser neu erworbenen Grundfläche errichtete das Deutsche Reich bis zum Jahr 1942 eine Getreidelagerhalle.

Nach dem Ende des NS-Regimes wurde weder von Maria A. noch von den Eheleuten P. ein Verfahren auf Rückstellung der verkauften Liegenschaftsflächen eingeleitet. Mit dem Staatsvertrag im Jahr 1955 ging das Eigentum daran auf die Republik Österreich über. Diese verkaufte die Liegenschaft im Jahr 1968 an die Lagereibetriebe GmbH, eine 100%-ige Tochter der Republik Österreich.

Im Verfahren vor der Schiedsinstanz auf Naturalrestitution begehrte der Antragsteller, der Erbe von Maria A, die Rückstellung der 1939 verkauften Grundstücksfläche von 4.029 m². Maria A. sei wegen ihrer christlich-sozialen Einstellung vom NS-Regime verfolgt gewesen; das vom Kreisbauernführer eingeleitete Verfahren auf Aberkennung der Bauernfähigkeit habe nur dazu gedient, um auf Maria A. politischen Druck ausüben zu können.

Die Schiedsinstanz konnte allerdings keinen Zusammenhang zwischen diesem Verfahren und dem Erwerb der beantragten Liegenschaftsfläche durch das Deutsche Reich feststellen. Dies insbesondere deswegen nicht, da auch die Nachbarn von Maria A. Grundstücksflächen zu denselben Konditionen an das Deutsche Reich verkauft hatten. Da die Liegenschaftsfläche somit aus keinem der im Entschädigungsfondsgesetz genannten Gründe entzogen wurde, musste der Antrag abgelehnt werden.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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