Entscheidung Nr. 533/2009

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Eduard G., Empfehlung

Öffentliches Eigentum

Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Steindorf (72337), Steindorf am Ossiacher See, Kärnten | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

533/2009

Datum

03.03.2009

Grund

Keine frühere Maßnahme iSd EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 533/2009

Kärnten, Steindorf/Ossiachersee
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 3. März 2009 den Rückstellungsanspruch von Grundstücksteilen in Steindorf/Ossiachersee, die heute im Eigentum der Österreichischen Bundesbahnen-Infrastruktur Bau Aktiengesellschaft stehen, bejaht. Ausschlaggebend dafür war, dass dieser Liegenschaftsanteil niemals Gegenstand eines früheren Verfahrens war.
Die beantragte Liegenschaft befand sich 1938 im Eigentum von Eduard G. Dieser galt nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 als Jude und wurde 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Seit 1940 gab es Verhandlungen zwischen der Deutschen Reichsbahn und den BahnanrainerInnen bezüglich diverser Grundabtretungen zur Erweiterung der Gleisanlagen der Kronprinz-Rudolf-Bahn sowie des Bahnhofes Steindorf/Ossiachersee. Im Rahmen dieser Verhandlungen gab Eduard G. 1941 eine Erklärung ab, wonach er bereit sei, die antragsgegenständliche Grundfläche zum Zwecke der Erweiterung des Bahnhofes Steindorf/Ossiachersee zum Preis von 0,50 Reichsmark pro m² abzutreten. In dieser Erklärung wurde zusätzlich handschriftlich festgehalten, dass Eduard G. Jude sei und damit die Grundeinlösung der Genehmigung der Vermögensverkehrsstelle unterliege. Die Grundfläche im Gesamtausmaß von 327 m² wurde schließlich an die Deutsche Reichsbahn veräußert. Den Kaufvertrag unterzeichnete Eduard G. am 4. Februar 1944 als Häftling des KZ Auschwitz. Der Kaufpreis von 0,50 Reichsmark pro m² war auch für die anderen AnrainerInnen, die keiner Verfolgung ausgesetzt waren und Grundstücke an die Reichsbahn abgeben mussten, vorgegeben. Der Verkaufserlös in Höhe von 168,50 Reichsmark wurde auf ein Sperrkonto, lautend auf Eduard G., überwiesen. Mit Bescheid von 1948 wurden die Haupt- und Nebenlinien der Kronprinz-Rudolf-Bahn, auf der sich die antragsgegenständliche Liegenschaft befindet, an die Republik Österreich „als geschädigter Eigentümer“ rückgestellt.

Im Gegensatz zu den anderen Grundstücken, die zusammen einen schmalen Grundstücksstreifen bildeten, der die Bahntrasse im Norden verbreiterte, bestanden die Parzellen von Eduard G. aus einem isolierten, südlich der Bahntrasse gelegenen, dreieckigen Keil, der aufgrund seiner geographischen Lage weder der Bahnhofserweiterung noch dem zweigleisigen Ausbau der Bahntrasse dienen konnte. Die Begründung der Deutschen Reichsbahn, die Grundstücke des Eduard G. für die Erweiterung des Bahnhofes Steindorf/Ossiachersee verwenden zu wollen, konnte daher nicht nachvollzogen werden. Die Schiedsinstanz gelangte daher zu der Ansicht, dass mit dem zwischen Eduard G. und der Deutschen Reichsbahn abgeschlossenen Kaufvertrag die Liegenschaftsteile aufgrund der jüdischen Abstammung von Eduard G. entzogen wurden.

Im Rückstellungsbescheid von 1948 sind keine konkreten Grundstücke, sondern nur die allgemeine Streckenführung der Kronprinz-Rudolf-Bahn aufgelistet. Sohin wurde das Teilgrundstück von Eduard G. offensichtlich irrtümlich an die Republik rückgestellt. Eduard G. bzw. sein Rechtsnachfolger waren zu keinem Zeitpunkt selbst an dem Verfahren beteiligt. Dies ließ den Schluss zu, dass die Bescheide ohne Rücksichtnahme auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse ergangen sind. Folglich konnte dieses Rückstellungsverfahren nicht als früheres Verfahren gewertet werden. Der Rückstellungsanspruch besteht daher zurecht.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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