Entscheidung Nr. 534/2009
Antrag
AntragstellerIn, Status
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Grund
Typ
Anonymisierter Volltext
Verbundene Entscheidung
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 534/2009
Die mit einem dreistöckigen Zinshaus aus dem Jahr 1873 bebaute Liegenschaft im 2. Wiener Gemeindebezirk stand im Jahr 1938 im Alleineigentum der Jüdin Zipa S. Gemeinsam mit ihren beiden Enkelkindern Kitty und Harry B. wohnte Zipa S. auch an dieser Adresse. Während Kitty B. nach England flüchten konnte, wurden Zipa S. und Harry B. im Februar 1941 in ein jüdisches Ghetto in das vom Deutschen Reich nach der Zerschlagung Polens geschaffene Generalgouvernement deportiert. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.
Kurz vor der Deportation wurde Zipa S. die Liegenschaft von der Zentralstelle für Jüdische Auswanderung, einer SS-nahen Einrichtung, abgepresst. Diese verkaufte die Liegenschaft im Jahr 1941 um rund 33.000,- Reichsmark an das Ehepaar E. Mit dem größeren Teil des Kaufpreises wurden pfandrechtlich gesicherte Schulden Zipa S.s bezahlt, die im überwiegenden Ausmaß bereits vor dem „Anschluss“ begründet worden waren. Der Rest wurde vom Deutschen Reich eingezogen.
In den Jahren 1952 und 1953 führte die mittlerweile in New York wohnhafte Kitty B. (mittlerweile F.), die Alleinerbin ihrer für tot erklärten Großmutter Zipa S., ein Rückstellungsverfahren gegen das Ehepaar E. Dieses endete im September 1953 mit einem Vergleich. Darin verzichtete die von einem Wiener Rechtsanwalt vertretene Kitty F. gegen Zahlung von 16.500,- Schilling auf die Rückstellung der Liegenschaft. Die Eheleute E. blieben damit EigentümerInnen der Liegenschaft. Nach einem ersten Eigentümerwechsel in den 1960er-Jahren erwarb die Republik Österreich 1982 die Liegenschaft. Diese ließ das Haus im Jahr 1996 abreißen.
Kitty F. (nunmehr W.) machte im Verfahren vor der Schiedsinstanz eine extreme Ungerechtigkeit des von ihr im Jahr 1953 geschlossenen Vergleiches geltend. Die Liegenschaft sei damals bereits bedeutend mehr wert gewesen, als sie dafür an Geld erhalten habe. Diesem Ansatz konnte die Schiedsinstanz allerdings nicht folgen, da die von der Antragstellerin zur Wertermittlung herangezogenen Verkaufspreise von benachbarten Grundstücken auf die konkrete Liegenschaft nicht übertragbar waren. Zum Ablauf des Rückstellungsverfahrens selbst konnte die Schiedsinstanz keine weiteren Informationen erhalten. Da auch sonst keine hinreichenden Indizien für eine extreme Ungerechtigkeit gefunden werden konnten, musste die Schiedsinstanz den Antrag auf Rückgabe ablehnen.
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