Entscheidung Nr. WA7/2009

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Vivian D., Ablehnung
Anne H., Ablehnung
Eve H., Ablehnung
Joan H., Ablehnung
Marc E. H., Ablehnung
Stephen C. H., Ablehnung
Vivian H., Ablehnung
Monica W., Ablehnung
Philip W., Ablehnung
Rosemarie W., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Stadt Wien

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Inzersdorf Stadt (01102), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

WA7/2009

Datum

16.09.2009

Grund

Keine neuen Beweise/Tatsachen iSd § 21a Abs 1 GVO

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Verbundene Entscheidungen

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. WA 7/2009

Wien, Inzersdorf
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 16. September 2009 den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Rückstellung von zwei Drittelanteilen einer Liegenschaft in Wien, Inzersdorf abgelehnt. Im November 2005 hatte die Schiedsinstanz in der Entscheidung Nr. 25/2005 über die Rückstellung eines Drittels der der Stadt Wien gehörenden Liegenschaft in Inzersdorf positiv entschieden, da dieser Anteil niemals Gegenstand eines früheren Verfahrens war. Die Anträge auf Rückstellung der übrigen zwei Drittel hatte die Schiedsinstanz jedoch abgelehnt, da diese Ansprüche bereits in einem früheren Verfahren geregelt worden waren. Die AntragstellerInnen konnten im Wiederaufnahmeverfahren keine neuen Dokumente vorlegen, die ausreichende Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung des Falles geboten hätten.
Die beantragte Liegenschaft - ein 5309 m2 großer Baugrund in Wien-Favoriten, der sich im Eigentum des 1937 verstorbenen Gustav H., eines Mitbegründers der Firma G & W H., befunden hatte - ging 1939 im Erbweg an dessen Kinder Margarethe R., Hans H. und die 1938 ebenfalls verstorbene Marianne W. über. Sämtliche EigentümerInnen galten im Sinne der Nürnberger Gesetze als jüdisch. Hans H. und die Familie Marianne W.s mussten aus Österreich fliehen, während Margarethe R., die in einer "privilegierten Mischehe" mit einem "Arier" lebte, in Wien blieb. Zuvor waren sie gezwungen, ihren Liegenschaftsbesitz und ihre Gesellschaftsanteile an der Firma G & W H. zu verkaufen. Die "arisierte" Firma erwarb die Liegenschaft im Jahr 1940 und verkaufte sie 1943 an Viktor O., einen der neuen Gesellschafter, weiter.

Hans H. und die Erben nach Marianne W. brachten 1947 bzw. 1948 Rückstellungsanträge zur Liegenschaft und ihren Anteilen an der Gesellschaft ein. Durch ein Teilerkenntnis der Rückstellungskommission wurden ihre Anteile am Unternehmen im Mai 1949 zurückgestellt. Margarethe R. hatte ihren Anteil bereits 1948 zurückerhalten. Im Oktober 1949 kaufte die Firma G & W H. die Liegenschaft von Viktor O. zurück. Am selben Tag verzichtete Hans H. in einem Vergleich mit Viktor O. auf die Rückstellung der Liegenschaft. Die Erben nach Marianne W. verzichteten im April 1950 gegenüber Viktor O. ebenfalls auf die Rückstellung. Eine endgültige Regelung der Ansprüche hinsichtlich des Unternehmens G & W H. erfolgte im Jänner bzw. April 1950 durch Vergleiche, mit denen die "Ariseure" als Ersatz für den Kaufpreis bzw. die von ihnen getätigten Investitionen 8,75 % der Gesellschaftsanteile des Unternehmens behalten konnten.

In Bezug auf die Vergleichsabschlüsse über die Liegenschaft hatte die Schiedsinstanz in der Entscheidung Nr. 25/2005 vom November 2005 keine extreme Ungerechtigkeit feststellen können: Die 2/3-Eigentümer hatten auf ihre Rückstellungsansprüche verzichtet, weil der Verkaufserlös der Liegenschaftsanteile zur Abgeltung von Erbschaftssteuerzahlungen verwendet worden war. Die zur Verfügung stehenden Dokumente über den Vergleichsabschluss hatten überdies keinen Hinweis darauf enthalten, dass die Privatautonomie der Beteiligten eingeschränkt gewesen wäre.

In ihren Wiederaufnahmeanträgen haben die AntragstellerInnen vorgebracht, dass Viktor O. seine Stellung als Firmengesellschafter von G & W H. ausgenutzt habe, um die Rückstellung der Liegenschaftsanteile an Hans H. und die Erben nach Marianne W. zu verhindern. Dies und deren finanzielle Notlage zum Zeitpunkt des Vergleichs sowie innerfamiliäre Auseinandersetzungen würden auf eine solche Beeinträchtigung der Willensfreiheit hindeuten, dass die 1949 bzw. 1950 abgegebenen Rückstellungsverzichte extrem ungerecht erschienen.

Mit den beigebrachten Dokumenten konnten die AntragstellerInnen zwar einen Konflikt innerhalb der Familie belegen, dessen tatsächliche Auswirkungen auf den Verlauf des Rückstellungsverfahrens waren jedoch nicht erkennbar. Dies deswegen, weil nach dem Teilerkenntnis der Rückstellungskommission vom Mai 1949 die früheren EigentümerInnen bzw. deren ErbInnen die Kontrolle über das wirtschaftlich gut gehende Unternehmen wieder erlangt hatten, weshalb ab diesem Zeitpunkt weder von einem Ungleichgewicht zugunsten Viktor O.s noch von einer finanziellen Notlage Hans H.s und der Erben nach Marianne W. gesprochen werden kann.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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