Entscheidung Nr. 628/2010
Antrag
AntragstellerIn, Status
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Grund
Typ
Anonymisierter Volltext
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 628/2010
Die beantragte Liegenschaft im ersten Wiener Gemeindebezirk stand 1938 zu einem Drittel im Eigentum von Alice K., die im Sinne der Nürnberger Gesetze von 1935 als „Mischling 1. Grades“ galt. 1940 mussten Alice K. und die MiteigentümerInnen das Haus an das Deutsche Reich, Reichsfiskus Luftfahrt verkaufen, da das Luftgaukommando XVII dieses gemeinsam mit zwei Nachbarliegenschaften als Kommandozentrale benötigte.
1948 beantragten die ehemaligen EigentümerInnen bzw. deren ErbInnen – Alice K., die während der NS-Zeit in Wien gelebt hatte, war kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges verstorben – die Rückstellung der Liegenschaft, die mittlerweile von den ÖBB genutzt wurde. 1954 wurde das Rückstellungsbegehren abgelehnt, und die Oberste Rückstellungskommission bestätigte diese Entscheidung.
Die nunmehrige Antragstellerin, eine Enkelin von Alice K., machte im Verfahren vor der Schiedsinstanz eine „extreme Ungerechtigkeit“ der im Jahr 1954 gefällten Rückstellungsentscheidung geltend. Alice K. sei aus Abstammungs- und politischen Gründen verfolgt gewesen; die im Zuge des erzwungenen Verkaufs der Liegenschaft vorgebrachte Aussage, dass sie „Arierin“ sei, habe lediglich eine Schutzbehauptung dargestellt.
Die Schiedsinstanz führte in ihrer rechtlichen Beurteilung aus, dass Alice K. als „Mischling 1. Grades“ zwar einer generellen Verfolgung durch das NS-Regime ausgesetzt war, ihre Abstammung dem Deutschen Reich damals jedoch nicht bekannt war. Deshalb stand der Verkauf der Liegenschaft nicht im Zusammenhang mit einer Verfolgung von Alice K. durch das NS-Regime. Darüber hinaus wurde die Liegenschaft zum Zwecke des Ausbaues eines bereits in einem Nachbarhaus bestehenden Hauptquartiers der Reichsluftfahrt gekauft. Der Kauf der Liegenschaft stand daher in keinem Zusammenhang mit einer Verfolgung im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes. Auch die Durchführung des Verkaufs erfolgte in einer Weise, die auf keine diskriminierende Behandlung der VerkäuferInnen schließen lässt, da die Vermögensverkehrsstelle nicht eingeschaltet und der Kaufpreis angemessen war, dieser zur freien Verfügung stand und auch sonst keine Einschränkungen beim Verkauf festzustellen waren.
Für Rückfragen: presse@nationalfonds.org