Entscheidung Nr. 634/2010
Antrag
AntragstellerIn, Status
George G., Ablehnung
Robin G., Ablehnung
John P., Zurückweisung
Helen R., Ablehnung
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Gründe
Keine "extreme Ungerechtigkeit" iSd § 32 Abs 2 Z 1 EF-G
Typ
Anonymisierter Volltext
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 634/2010
Die mit einem damals über 120 Jahre alten Weinhauerhaus bebaute Liegenschaft befand sich 1938 im Eigentum von Norbert P., der im Sinne der Nürnberger Gesetze von 1935 als Jude galt. Er verkaufte die Liegenschaft Ende Dezember 1939 an Antonie und Leopold Z., wobei der vereinbarte Kaufpreis von 10.000,– Reichsmark von den NS-Behörden auf 8.440,– Reichsmark herabgesetzt wurde. 1942 wurde Norbert P. ins Ghetto Izbica (damaliges Generalgouvernement, heute Polen) deportiert. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Norbert P. wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges für tot erklärt.
Ende 1947 beantragten die ErbInnen von Norbert P., Paul P. und Wilhelmine G., die Rückstellung der Liegenschaft. Beide verzichteten im September 1951 in einem Vergleich gegen eine Zahlung von 8.000,– Schilling (zusätzlich 2.000,– Schilling Kostenersatz) auf die Rückstellung der Liegenschaft. Diese verblieb somit im Eigentum von Antonie und Leopold Z., die bis zum Ende des Rückstellungsverfahrens rund 62.000,– Schilling an wertsteigernden Investitionen in die Liegenschaft getätigt hatten. Zu Beginn der 1970er-Jahre erwarb die Stadt Wien die Liegenschaft um 1,000.000,– Schilling und ließ das Einfamilienhaus 1974 demolieren. Heute wird die Liegenschaft als Parkplatz genutzt und ein Teilstück der historischen Fläche befindet sich im öffentlichen Gut.
Von den fünf AntragstellerInnen, den Kindern der damaligen RückstellungswerberInnen, wurde im Verfahren vor der Schiedsinstanz eine „extreme Ungerechtigkeit“ des Vergleichs geltend gemacht. Es habe eine eklatante Wertdifferenz zwischen der Vergleichssumme und dem Gegenwert dessen, was den RückstellungswerberInnen in einem Erkenntnis der Rückstellungskommission zugesprochen worden wäre, bestanden. Aufgrund finanzieller Notlage und Traumatisierung sei die Willensfreiheit der RückstellungswerberInnen zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses eingeschränkt gewesen.
Die vorliegenden Unterlagen ermöglichten aber weder eine Bezifferung des Liegenschaftswertes zum Vergleichszeitpunkt noch eine genaue Quantifizierung der jeweiligen Gegenforderungen der Verfahrensbeteiligten (Rückerstattung des Kaufpreises und der Investitionen auf der einen, Ausfolgung der Erträgnisse auf der anderen Seite). Daher konnte die Schiedsinstanz keine allfällige Wertdifferenz feststellen.
Die im Ausland wohnenden RückstellungswerberInnen waren im damaligen Rückstellungsverfahren von ihrem Großonkel anwaltlich vertreten, der sich teilweise von einem Kollegen vertreten ließ. Eine unzureichende anwaltliche Vertretung oder/und eine Einschränkung der Willensfreiheit der RückstellungswerberInnen konnte nicht festgestellt werden.
Da der vom Entschädigungsfondsgesetz verlangte Ausnahmefall nicht vorlag, konnte die Schiedsinstanz dem Antrag von vier AntragstellerInnen nicht stattgeben. Der fünfte Antrag wurde aufgrund fehlender Antragsberechtigung zurückgewiesen.
Für Rückfragen: presse@nationalfonds.org