Entscheidung Nr. 756/2011

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Georges J., Ablehnung
Anna L., Ablehnung
Maria M., Zurückweisung
Andreas M., Zurückweisung
Lena M., Zurückweisung
Majken Lilly T., Ablehnung
Emile Z., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Purkersdorf (01906), Purkersdorf, Niederösterreich | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

756/2011

Datum

30.09.2011

Gründe

Keine "extreme Ungerechtigkeit" iSd § 32 Abs 2 Z 1 EF-G
Antrag verfristet

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 756/2011

Niederösterreich, Purkersdorf
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution lehnte am 30. September 2011 einen Antrag auf Naturalrestitution einer zum Stichtag 17. Jänner 2001 mittelbar im Eigentum der Republik Österreich stehenden Liegenschaft im Gemeindegebiet Purkersdorf, Niederösterreich ab. Die beantragte Liegenschaft war nach 1945 bereits Gegenstand eines Rückstellungsverfahrens gewesen, das 1952 mit einem Vergleich beendet wurde. Die Beurteilung dieses Vergleichs als „extrem ungerecht“ im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes wurde von der Schiedsinstanz für Naturalrestitution jedoch abgelehnt.

Die beantragte Liegenschaft befand sich 1938 im Eigentum einer ErbInnengemeinschaft nach Viktor Z., der seit 1903 auf einem 143.763 m² großen Gelände ein Sanatorium betrieben hatte. Die vier ErbInnen galten nach dem „Anschluss“ als Jüdinnen und Juden, eine davon als „Mischling ersten Grades“. Der Großteil des Geländes mit den darauf befindlichen Sanatoriumseinrichtungen wurde 1939 durch die Österreichische Kontrollbank für Industrie und Handel erworben und an Hans G. weiterveräußert. Von den vier ehemaligen EigentümerInnen war eine Person bereits vor 1938 aus beruflichen Gründen nach Frankreich übersiedelt, zwei Personen wurden deportiert und ermordet, eine Person überlebte die NS-Verfolgung.

Von September 1939 bis Kriegsende wurde das ehemalige Sanatorium von der deutschen Wehrmacht als Lazarett verwendet und nach 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht sowie der Stadt Wien als Seuchenspital geführt. 1947 wurde von den ehemaligen EigentümerInnen ein Rückstellungsverfahren eingeleitet, in dem Hans G. unter Hinweis auf die hohe Verschuldung der Liegenschaften einen Vermögensentzug bestritt.

Im Juli 1952 schlossen die Verfahrensparteien vor der Rückstellungskommission einen Vergleich ab. Daraufhin wurden 55 % des Liegenschaftsbestands an die RückstellungswerberInnen zurückgestellt. Sämtliche Liegenschaften wurden in der Folge veräußert, ein Teil davon stand zum Stichtag 17. Jänner 2001 im Eigentum einer zur Gänze der Republik Österreich gehörigen juristischen Person.

Die Schiedsinstanz hatte zu prüfen, ob die frühere Maßnahme – d.h. der 1952 geschlossene Vergleich – eine „extreme Ungerechtigkeit“ darstellte und somit im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes (EF-G) eine Empfehlung auf Naturalrestitution auszusprechen sei. Das Rückstellungsverfahren war jedoch in den fast fünf Jahren seiner Dauer nie so weit gediehen, dass die Rückstellungskommission die prinzipielle Rückstellungspflicht Hans G.s nach den Bestimmungen des Dritten Rückstellungsgesetzes als gegeben erachtet und daher ein Teilerkenntnis über die Rückstellungsverpflichtung erlassen hätte. Im Lichte der gesetzlichen Vorgaben und der Rechtsprechung ist es für die Schiedsinstanz plausibel, dass beide Parteien die Gefahr eines Prozessverlustes etwa gleich hoch einschätzten und sich daher vergleichsweise etwa bei der Hälfte des maximal möglichen Prozesserfolges trafen.

Es fehlte somit für eine „extreme Ungerechtigkeit“ der in § 28 Abs 1 Z 2 EF-G normierte besondere Ausnahmefall. Der Antrag auf Naturalrestitution war daher abzulehnen.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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