Entscheidung Nr. 810/2011

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Doris K., Ablehnung
Larry L., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Judenburg (65013), Judenburg, Steiermark | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

810/2011

Datum

30.09.2011

Grund

Keine "extreme Ungerechtigkeit" iSd § 32 Abs 2 Z 1 EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 810/2011

Steiermark, Judenburg
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 30. September 2011 einen Antrag auf Restitution einer im Eigentum der Republik Österreich stehenden Liegenschaft in Judenburg, Steiermark abgelehnt. Die 1938 entzogene Liegenschaft war bereits Gegenstand eines Rückstellungsverfahrens gewesen, das 1949 mit einem Enderkenntnis der Rückstellungskommission Graz beendet worden war. Die Schiedsinstanz konnte keine Anhaltspunkte für eine „extreme Ungerechtigkeit“ der damaligen Entscheidung finden.

Die beantragte Liegenschaft in der Stadtgemeinde Judenburg, Steiermark, auf der sich ein Stadel für die Unterbringung landwirtschaftlicher Geräte befand, stand 1938 im Eigentum von Berta Z. Diese galt nach den NS-Gesetzen als Jüdin. Im Juni 1938 verkaufte Berta Z. die 2.592 m² große Liegenschaft um 2.666,66 Reichsmark an die Stadtgemeinde Judenburg. Diese verkaufte sie 1939 an den Reichsfiskus (Heer) weiter, der auf der Liegenschaft zwei Offizierswohnhäuser errichten ließ. Berta Z., ihr Ehemann Leopold Z. und deren Kinder Alfred und Margit flüchteten im September 1939 aus Österreich in die USA.

1947 beantragte Berta Z. bei der Rückstellungskommission in Graz die Rückstellung der Liegenschaft vom Reichsfiskus. Im Juni 1948 erging ein Teilerkenntnis, wonach die Rückstellung wegen wirtschaftlicher Umgestaltung untunlich war und der Rückstellungsgegner den angemessenen Schätzwert für die Liegenschaft zu vergüten hatte. Mit Enderkenntnis vom März 1949 sprach die Rückstellungskommission der Rückstellungswerberin einen Betrag von 29.659,19 Schilling zu.

Die nunmehrigen AntragstellerInnen, ErbInnen von Berta Z., machten im Verfahren vor der Schiedsinstanz eine extreme Ungerechtigkeit des Enderkenntnisses geltend. Insbesondere vermuteten sie, dass die Ausgleichszahlung – deren Zustandekommen aufgrund der Aktenlage unklar sei – aufgrund der Schätzung durch einen (weisungsgebundenen) Beamten und nicht durch einen unabhängigen Schätzgutachter erfolgt sei.

In gegenständlichen Fall konnte eine extreme Ungerechtigkeit allerdings nicht festgestellt werden, da die Begründung der Erkenntnisse der Rückstellungskommission nicht erhalten ist. Die Schiedsinstanz sah sich außerstande, eine Prüfung der extremen Ungerechtigkeit einzig und allein anhand des Spruchs des Enderkenntnisses vorzunehmen, da die tragenden Gründe dieser Entscheidung nicht bekannt sind und sich deshalb keine seriösen Aussagen dazu treffen ließen.

Zur Frage der Schätzgutachter stellte die Schiedsinstanz fest, dass gemäß § 351 der Zivilprozessordnung, der auch in den Verfahren vor den Rückstellungskommissionen Anwendung fand, das Gericht einen oder mehrere unabhängige Sachverständige zu bestellen hat, wenn die Schätzung eines Liegenschaftswertes notwendig ist. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Rückstellungskommission Graz entgegen dieser Vorgabe die Schätzung durch weisungsgebundene Beamte durchführen ließ.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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