Entscheidung Nr. 816/2011

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Congregation A., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Stadt Wien

Vermögensart

beweglich

bewegliches Vermögen

Thoramantel

Entscheidung

 

Nummer

816/2011

Datum

07.11.2011

Grund

Keine Rechtsnachfolge

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 816/2011

Wien, Thoramantel

Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 7. November 2011 den Antrag einer jüdischen Vereinigung auf Rückgabe eines Thoramantels, der sich zum Stichtag 17. Jänner 2001 im Eigentum der Stadt Wien befunden hatte, abgelehnt. Da das Zweite Rückstellungsanspruchgesetz bereits im Jahre 1951 der Israelitischen Kultusgemeinde Wien die Berechtigung zur Geltendmachung solcher Rückstellungsansprüche übertragen hatte, ist die Rechtsnachfolge der Antragstellerin nicht gegeben und diese nicht zur Antragstellung legitimiert.

Der 1896 gegründete und seit 1900 behördlich zugelassene Humanitäre und Orthodoxe Bethausverein Marpe Lanefesch betrieb im Zweiten Wiener Gemeindebezirk ein Bethaus. Im Jahr 1919 stiftete Miriam W. im Andenken an die unversehrte Heimkehr aus dem Ersten Weltkrieg dem Bethausverein einen Thoramantel.

Miriam W. floh nach dem „Anschluss“ mit Ihren Kindern in die USA, wo sie gemeinsam mit anderen Emigranten die antragstellende Vereinigung C.A.Y. gründete.

Das Bethaus des Bethausvereins Marpe Lanefesch wurde während des Novemberpogroms des Jahres 1938 zerstört, der antragsgegenständliche Thoramantel konnte vor der Zerstörung gerettet werden. Am 7. März 1939 wurde der Bethausverein Marpe Lanefesch auf Antrag des Stillhaltekommissars für Vereine, Organisationen und Verbände auf dem Gebiet der ehemaligen Republik Österreich aufgelöst. Der Bethausverein wurde nach 1945 nicht mehr wiedererrichtet.

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt erwarb der Wiener Judaica-Sammler Max Berger den antragsgegenständlichen Thoramantel. Nach dessen Tod erwarb die Stadt Wien 1989 einen Großteil der Sammlung Berger, die eine wesentliche Grundlage für die Gründung des Jüdischen Museums der Stadt Wien bildete. In der Folge wurde der Thoramantel im Jüdischen Museum ausgestellt.

Im Jahr 2006 gab die Stadt Wien den Nachkommen von Miriam W. den Thoramantel zurück, nachdem sich diese mehrere Jahre um Rückgabe des Thoramantels bemüht hatten.

Die Schiedsinstanz hatte nun zu prüfen, ob die antragstellende Vereinigung C.A.Y. als Rechtsnachfolgerin des aufgelösten Bethausvereins Marpe Lanefesch anzusehen ist und ging dabei von folgenden Überlegungen aus:

Nach 1945 wurde durch das Zweite Rückstellungsanspruchsgesetz den bestehenden Israelitischen Kultusgemeinden die Berechtigung erteilt, die Rückstellungsansprüche der im Bereich der Israelitischen Religionsgesellschaft aufgelösten juristischen Personen geltend zu machen. Diese Zuweisung der Rückstellungsansprüche des nicht wieder gegründeten Bethausvereins Marpe Lanefesch an die IKG Wien entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 15 Staatsgrundgesetz. Auch wenn § 27 Abs. 2 Entschädigungsfondsgesetz für die Beurteilung der Frage, ob eine Vereinigung Rechtsnachfolgerin einer aufgelösten Vereinigung ist, einen weit gesteckten Rahmen vorgibt, sieht die Schiedsinstanz keinen Grund, abweichend von dieser Rechtslage die Rechtsnachfolge der Antragstellerin zu bejahen.

Somit ist die Antragslegitimation der C.A.Y. gemäß § 27 Abs. 2 EF-G nicht gegeben. Aus diesem Grund war der Antrag auf Naturalrestitution zurückzuweisen.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
Für Rückfragen: