Entscheidung Nr. 842/2012

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Mary S., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Stadtgemeinde Bad Ischl

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Kaltenbach (42009), Bad Ischl, Oberösterreich | auf Landkarte anzeigen
KG Kritzendorf (01705), Klosterneuburg, Niederösterreich | auf Landkarte anzeigen
KG Leopoldstadt (01657), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen
KG Alsergrund (01002), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen
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Entscheidung

 

Nummer

842/2012

Datum

13.06.2012

Gründe

Rückstellung nach 1945 bereits erfolgt
Keine Zuständigkeit der Schiedsinstanz bzw. kein Anwendungsbereich des EF-G
Kein Eigentum 1938-1945
Keine Entziehung iSd EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 842/2012

Oberösterreich, Niederösterreich und Wien
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 13. Juni 2012 den Antrag auf Rückgabe von Liegenschaften in Bad Ischl () und Wien sowie eines Superädifikates in Kritzendorf () abgelehnt. Ein Teil der beantragten Liegenschaften stand am 17. Jänner 2001 nicht im öffentlichen Eigentum oder war bereits 1938 nicht im Eigentum der Familie der Antragstellerin gestanden. Der restliche Teil der beantragten Liegenschaften und das beantragte Superädifikat waren dem ursprünglichen Eigentümer während der NS-Zeit entzogen, ihm aber nach 1945 rückgestellt worden.

Der jüdische Unternehmer David G., der mit seiner Familie in einer Mietwohnung in Wien-Alsergrund lebte, war zum Zeitpunkt der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich Eigentümer einer 4.558 m² großen Liegenschaft mit einer darauf errichteten Villa in Bad Ischl sowie einer Badehütte im Strombad Kritzendorf bei Wien.

Nachdem David G. noch am 11. März 1938 mit seiner Familie über Bratislava und Prag nach New York geflüchtet war, wurde die Villa in Bad Ischl als volks- und staatsfeindliches Vermögen zu Gunsten des Deutschen Reiches eingezogen und diente in der Folge als Verwaltungsgebäude der SS. 1943 wurde sie vom Deutschen Reich an die NSDAP verkauft. David G.s Badehütte im Strombad Kritzendorf – zu dem Jüdinnen und Juden der Eintritt nunmehr verboten war – musste im Juni 1938 an Karl Ei. veräußert werden.

Nach 1945 wurden David G. sowohl die Liegenschaft in Bad Ischl als auch die Badehütte zurückgestellt. Die Badehütte verkaufte David G. 1950 an Rudolf F. Einen Teil der Liegenschaft in Bad Ischl im Ausmaß von 935 m² und die Villa selbst verkaufte er im Jahr 1959 an das Ehepaar En., die restliche Fläche von 3.623 m² an die Stadtgemeinde Bad Ischl.

David G. hielt am 12. März 1938 einen hohen Aktienanteil an der Schweizer Aktiengesellschaft S. R. A. Diese war in der Zeit zwischen 1938 und 1945 Eigentümerin einer Liegenschaft in Wien-Leopoldstadt. 1951 kaufte David G. diese Liegenschaft, die nach seinem Tod im Jahr 1967 seine Frau und seine Tochter erbten.

David G.s Bruder Filipp G. betrieb auf einer Liegenschaft in Wien-Alsergrund ein Kaffeehaus und ein Kabarett. Diese Liegenschaft stand am 12. März 1938 im Eigentum von Gustav von R. Filipp G. musste den Kaffeehausbetrieb im Juli 1938 verkaufen und flüchtete nach Italien und später in die USA; das Kabarett wurde geschlossen.

In ihrer rechtlichen Beurteilung hielt die Schiedsinstanz fest, dass sich am 12. März 1938 weder die Liegenschaft in Wien-Alsergrund noch die Liegenschaft in Wien-Leopoldstadt im Eigentum der Familie G. befunden hatten, weshalb der diesbezügliche Antrag abgelehnt wurde.

Bezüglich der Badehütte in Kritzendorf bejahte die Schiedsinstanz zwar das Vorliegen eines Vermögensentzuges; da diese am 17. Jänner 2001, dem Stichtag nach dem Entschädigungsfondsgesetz, aber nicht im öffentlichen Eigentum gestanden war, lehnte sie den Antrag auf Rückstellung ab.

Jener Teil der Liegenschaft in Bad Ischl, den David G. an das Ehepaar E. verkauft hatte, befand sich zum Stichtag weiterhin in Privateigentum, weshalb der Antrag diesbezüglich abgelehnt wurde. Der an die Stadtgemeinde Bad Ischl verkaufte Teil der Liegenschaft befand sich zum Stichtag im Eigentum der Stadtgemeinde Bad Ischl, die aufgrund ihres Gemeinderatsbeschlusses vom 21. Oktober 2004 dem Verfahren vor der Schiedsinstanz unterliegt. Da die gesamte Liegenschaft nach Kriegsende aber an David G.  rückgestellt worden war, lehnte die Schiedsinstanz den diesbezüglichen Antrag ab.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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