Entscheidung Nr. 910/2013

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Frank S., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Stadtgemeinde Korneuburg

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Korneuburg (11006), Korneuburg, Niederösterreich | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

910/2013

Datum

19.03.2013

Gründe

Keine Zuständigkeit der Schiedsinstanz bzw. kein Anwendungsbereich des EF-G
Keine "extreme Ungerechtigkeit" iSd § 32 Abs 2 Z 1 EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 910/2013

Niederösterreich, Korneuburg
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 19. März 2013 einen Antrag auf Rückgabe von ehemaligen Fabriksliegenschaften in Korneuburg, Niederösterreich abgelehnt. Über die Liegenschaften war im Jahr 1957 ein Vergleich geschlossen worden, in dem der ursprüngliche Eigentümer gegen Bezahlung von zwei Millionen Schilling auf die Rückstellung verzichtete. Die Schiedsinstanz sah den Vergleich nicht als extrem ungerecht im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes an.

Die beantragten Liegenschaften standen 1938 im Eigentum der S. W. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der jüdische Industrielle Heinrich C. war. Auf den Liegenschaften befanden sich Fabriksgebäude der GmbH, in denen Wollwaren erzeugt wurden. Kurz nach dem „Anschluss“ wurde Heinrich C. wegen angeblicher Steuervergehen verhaftet. Ende 1938 kam er frei und floh 1939 mit seiner Familie nach Bogotá, Kolumbien. Die Fabriksliegenschaften der S. W. GmbH wurden im März 1941 um 76.500,– Reichsmark an die Stadtgemeinde Korneuburg, die Maschinen und sonstigen Fabrikseinrichtungen in der Folge an private KäuferInnen verkauft.

1949 kehrte Heinrich C. nach Wien zurück und führte im eigenen sowie im Namen der S. W. GmbH mehrere Verfahren zur Rückstellung von Maschinen und Einrichtungsgegenständen größtenteils erfolgreich durch. Bezüglich der ehemaligen Liegenschaften der S. W. GmbH fand ein Rückstellungsverfahren vor der Rückstellungskommission Wien statt, das in Vergleichsverhandlungen zwischen Heinrich C. und der Stadtgemeinde Korneuburg mündete. Im Frühling 1957 kam ein Vergleich zustande, in dem Heinrich C. gegen Bezahlung von zwei Millionen Schilling auf die Rückstellung verzichtete.

Die Stadtgemeinde Korneuburg ließ die auf den Liegenschaften befindlichen Gebäude in den Folgejahren nach und nach abreißen und mehrere Wohnhäuser errichten. Zu diesem Zweck tauschte sie einen Teil der ursprünglichen Fabriksliegenschaften gegen benachbarte Privatliegenschaften ein.

Der Schwerpunkt der rechtlichen Beurteilung der Schiedsinstanz lag in der Frage, ob der Vergleich aus dem Jahr 1957 als „extrem ungerecht“ zu werten sei. Da die Schiedsinstanz keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Privatautonomie Heinrich C.s während der Vergleichsverhandlungen feststellen konnte und auch kein objektives Wertmissverhältnis zwischen der Vergleichssumme und dem Betrag, der Heinrich C. nach Durchführung eines Rückstellungsverfahrens von der Rückstellungskommission zugesprochen worden wäre, vorlag, qualifizierte sie den Vergleich nicht als extrem ungerecht und lehnte den Antrag daher ab.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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