Entscheidung Nr. 910/2013
Antrag
AntragstellerIn, Status
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Gründe
Keine "extreme Ungerechtigkeit" iSd § 32 Abs 2 Z 1 EF-G
Typ
Anonymisierter Volltext
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 910/2013
Die beantragten Liegenschaften standen 1938 im Eigentum der S. W. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der jüdische Industrielle Heinrich C. war. Auf den Liegenschaften befanden sich Fabriksgebäude der GmbH, in denen Wollwaren erzeugt wurden. Kurz nach dem „Anschluss“ wurde Heinrich C. wegen angeblicher Steuervergehen verhaftet. Ende 1938 kam er frei und floh 1939 mit seiner Familie nach Bogotá, Kolumbien. Die Fabriksliegenschaften der S. W. GmbH wurden im März 1941 um 76.500,– Reichsmark an die Stadtgemeinde Korneuburg, die Maschinen und sonstigen Fabrikseinrichtungen in der Folge an private KäuferInnen verkauft.
1949 kehrte Heinrich C. nach Wien zurück und führte im eigenen sowie im Namen der S. W. GmbH mehrere Verfahren zur Rückstellung von Maschinen und Einrichtungsgegenständen größtenteils erfolgreich durch. Bezüglich der ehemaligen Liegenschaften der S. W. GmbH fand ein Rückstellungsverfahren vor der Rückstellungskommission Wien statt, das in Vergleichsverhandlungen zwischen Heinrich C. und der Stadtgemeinde Korneuburg mündete. Im Frühling 1957 kam ein Vergleich zustande, in dem Heinrich C. gegen Bezahlung von zwei Millionen Schilling auf die Rückstellung verzichtete.
Die Stadtgemeinde Korneuburg ließ die auf den Liegenschaften befindlichen Gebäude in den Folgejahren nach und nach abreißen und mehrere Wohnhäuser errichten. Zu diesem Zweck tauschte sie einen Teil der ursprünglichen Fabriksliegenschaften gegen benachbarte Privatliegenschaften ein.
Der Schwerpunkt der rechtlichen Beurteilung der Schiedsinstanz lag in der Frage, ob der Vergleich aus dem Jahr 1957 als „extrem ungerecht“ zu werten sei. Da die Schiedsinstanz keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Privatautonomie Heinrich C.s während der Vergleichsverhandlungen feststellen konnte und auch kein objektives Wertmissverhältnis zwischen der Vergleichssumme und dem Betrag, der Heinrich C. nach Durchführung eines Rückstellungsverfahrens von der Rückstellungskommission zugesprochen worden wäre, vorlag, qualifizierte sie den Vergleich nicht als extrem ungerecht und lehnte den Antrag daher ab.
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