Entscheidung Nr. 1034/2014
Antrag
AntragstellerIn, Status
Hilda W., Empfehlung
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Gründe
Keine frühere Maßnahme iSd EF-G
Typ
Anonymisierter Volltext
Verbundene Entscheidung
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1034/2014
Das beantragte Grundstück, ein Acker in der KG Judendorf, war Teil einer Liegenschaft der KG Leoben-Stadt. Im März 1938 stand diese Liegenschaft jeweils im Hälfteeigentum der Eheleute Simon und Anna W., die nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich gemäß den Nürnberger Gesetzen von 1935 als jüdisch galten.
Am 30. Jänner 1939 verkauften Simon und Anna W. die Liegenschaft zum Preis von 33.600,– Reichsmark. Die NS-Vermögensverkehrsstelle in Graz setzte den Kaufpreis auf 31.600,– Reichsmark herab. Der Kaufpreis musste auf ein Sperrkonto mit der Bezeichnung „Entjudungserlös“ eingezahlt werden. Die grundbücherliche Einverleibung erfolgte am 23. Juni 1939.
Simon W. starb am 7. Februar 1940 in Wien. Seine Frau Anna W. und die gemeinsamen Kinder konnten ins Ausland flüchten.
1942 wurde das antragsgegenständliche Überlandgrundstück in Judendorf von der Liegenschaft der KG Leoben-Stadt abgeschrieben und an die Deutsche Reichsbahn verkauft.
Nach dem Ende des NS-Regimes beantragten Anna W. und die ErbInnen Simon W.s die Rückstellung der Liegenschaft in der KG Leoben-Stadt. Das Verfahren resultierte 1952 in der Restitution der Liegenschaft. Das antragsgegenständliche Grundstück in Judendorf war von diesem Verfahren jedoch nicht umfasst.
Am 17. Jänner 2001 befand sich eine Teilfläche des antragsgegenständlichen Grundstücks im Ausmaß von 328 m2 im Eigentum der Österreichischen Bundesbahnen. Zwei Teilflächen im Gesamtausmaß von 51 m2 standen im Eigentum der Gemeinde Leoben.
Die Schiedsinstanz sah eine Entziehung hinsichtlich des antragsgegenständlichen Grundstücks als erwiesen an. Da sich davon eine Teilfläche im Gesamtausmaß von 328 m2 am 17. Jänner 2001 im öffentlichen Eigentum befand und diesbezüglich auch keine frühere Maßnahme gemäß § 32 Entschädigungsfondsgesetz (EF-G) vorlag, war den Anträgen der Enkelin sowie der Schwiegertochter Simon und Anna W.s auf Naturalrestitution dem Grunde nach stattzugeben. Eine Rückstellung in natura ist aufgrund bestehender Baurechtsverträge nicht durchführbar. Aus diesem Grund wird die Schiedsinstanz nach Konsultation mit der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie einen vergleichbaren Vermögenswert als Entschädigung festsetzen.
Hinsichtlich der im Eigentum der Gemeinde Leoben stehendenden Teilflächen im Gesamtausmaß von 51 m2 waren die Anträge mangels öffentlichen Eigentums gemäß § 28 EF-G abzulehnen.
Die zweite antragsgegenständliche Liegenschaft in Judendorf im Ausmaß von 7.402 m² stand zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich im alleinigen Eigentum von Julie R., einer Tochter von Simon und Anna W. Das Deutsche Reich ließ 1939 die Forderungen der Judenvermögensabgabe und der Reichsfluchtsteuer grundbücherlich besichern. Im Juni 1941 erfolgte die öffentliche Zwangsversteigerung. Im Dezember 1941 wurde der Käufer im Grundbuch eingetragen. Julie R. war in der Zwischenzeit mit ihrer Familie nach Uruguay geflüchtet.
Im April 1948 brachte Julie R. bei der Rückstellungskommission für Steiermark, Außensenat Leoben einen Antrag auf Rückstellung der antragsgegenständlichen Liegenschaft ein. Im Juli 1952 kam es zu einem Vergleich, mit dem Julie R. gegen Zahlung von 73.500,– Schilling auf die Rückstellung der Liegenschaft verzichtete.
Am 17. Jänner 2001 befanden sich Teilflächen dieser Liegenschaft als Straßengrundstücke im Eigentum der Gemeinde Leoben, während sich die restlichen Liegenschaftsflächen in privatem Wohnungseigentum befanden. Da kein öffentliches Eigentum gemäß § 28 EF-G vorlag, lehnte die Schiedsinstanz den Antrag der Tochter Julie R.s auf Naturalrestitution ab.
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