Entscheidung Nr. 1068/2014
Antrag
AntragstellerIn, Status
Helene L., Ablehnung
Herbert L., Ablehnung
Robert L., Ablehnung
Rudolf L., Ablehnung
Inge P., Ablehnung
Monika Z., Ablehnung
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
KG Lichtenegg (51215), Wels, Oberösterreich | auf Landkarte anzeigen
alle auf Landkarte anzeigen
Entscheidung
Nummer
Datum
Grund
Typ
Anonymisierter Volltext
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1068/2014
Rudolf und Franziska L. waren zum 12. März 1938 EigentümerInnen einer Liegenschaft in Wels, Lichtenegg, auf der sie eine kleine Landwirtschaft betrieben.
Nach dem „Anschluss“ erwarben die Hermann-Göring-Werke Linz ein in unmittelbarer Nachbarschaft zur Liegenschaft des Ehepaars L. gelegenes, stillgelegtes Fabriksgelände. Es wurde dort die E. AG angesiedelt, die aufgrund des Ausbaus der Hermann-Göring-Werke bei Linz ihren bisherigen Betriebsstandort aufgeben hatte müssen. Zur Erweiterung des neuen Betriebsgeländes plante die E. AG, auch die Liegenschaft des Ehepaars L. zu erwerben.
In der Folge traten die Hermann-Göring-Werke Linz für die E. AG in Kaufverhandlungen mit dem Ehepaar L., das vom Rechtsanwalt Dr. G., einem nationalsozialistischen Funktionär, vertreten wurde. Aufgrund ihrer Weigerung, das Kaufanbot für Teile ihrer Liegenschaft anzunehmen, drohten die Hermann-Göring-Werke Linz, die Reichsstelle für Landbeschaffung in Berlin einzuschalten, der in solchen Fällen ein Enteignungsrecht zugekommen wäre. Daraufhin nahmen Rudolf und Franziska L. das Kaufanbot an, jedoch gelang es ihnen, über ihren Anwalt bessere Verkaufsbedingungen durchzusetzen. Mit Kaufvertrag vom 8. Oktober 1940 verkaufte das Ehepaar L. zwei Grundstücke im Ausmaß von 3.852 m² an die E. AG.
Nach 1945 brachte das Ehepaar L. einen Antrag auf Rückstellung dieser Grundstücke nach dem 3. Rückstellungsgesetz gegen die E. AG ein. Am 13. Juli 1948 schlossen Rudolf und Franziska L. mit der E. AG einen Vergleich, wonach sie gegen Bezahlung von 10.000,- Schilling auf die Rückstellung der Grundstücke verzichteten.
Die AntragstellerInnen stützten ihre Restitutionsanträge auf die politische Verfolgung des Rudolf L. Dieser sei ein erklärter Gegner des Nationalsozialismus gewesen und habe deswegen die Grundstücke verkaufen müssen. Zudem sei er von Rechtsanwalt G. schlecht beraten worden.
Die Schiedsinstanz hatte zu prüfen, ob Rudolf L. zu einer vom NS-Regime verfolgten Personengruppe im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes zählte. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass Rudolf L. aus politischen Gründen zum Verkauf der Grundstücke gezwungen worden wäre.
Hinsichtlich der Behauptung, Rechtsanwalt Dr. G. habe aufgrund seiner NS-Gesinnung zum Nachteil des Rudolf L. gehandelt, stellte die Schiedsinstanz fest, dass dieser vielmehr verschiedene Forderungen der VerkäuferInnen gegenüber den Hermann-Göring-Werken durchgesetzt hatte. Da eine durch Verfolgung seitens des NS-Regimes bedingte Vermögensübertragung eine wesentliche Voraussetzung für eine Naturalrestitution darstellt, konnte keine Empfehlung auf Rückstellung der Liegenschaft ausgesprochen werden.
Für Rückfragen: presse@nationalfonds.org