Entscheidung Nr. 1111/2015

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Gideon S., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Stadt Wien

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Rodaun (01807), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen
KG Oberdöbling (01508), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen
alle auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

1111/2015

Datum

24.03.2015

Gründe

Keine Zuständigkeit der Schiedsinstanz bzw. kein Anwendungsbereich des EF-G
Keine "extreme Ungerechtigkeit" iSd § 32 Abs 2 Z 1 EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1111/2015

Wien, Oberdöbling und Rodaun
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 24. März 2015 einen Antrag auf Naturalrestitution von drei Liegenschaften in Wien, Oberdöbling und einer Liegenschaftshälfte in Wien, Rodaun abgelehnt. Die beantragten Liegenschaften in Oberdöbling befanden sich nicht im öffentlichen Eigentum. Der 1949 geschlossene Vergleich über eine Liegenschaftshälfte in Rodaun, von der am 17. Jänner 2001 Teile im Eigentum der Stadt Wien standen, wurde nicht als „extrem ungerecht“ bewertet.

Die beantragte Hälfte einer seinerzeit unbebauten Liegenschaft in der niederösterreichischen Gemeinde Rodaun stand im März 1938 im Eigentum von Karl F. Seiner Ehefrau Lilly F. und deren Schwester Margarethe L. gehörten drei in Oberdöbling gelegene Liegenschaften, die mit Zinshäusern bebaut waren.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich flüchteten die Eheleute F. im Sommer 1938 mit ihren Kindern Robert und Elinor nach Prag. 1941 wurde die Familie ins Ghetto Litzmannstadt deportiert, wo Karl F. 1943 verstarb. Lilly, Robert und Elinor F. kamen ebenfalls im Holocaust um.

Die drei Liegenschaften von Lilly F. und Margarethe L. in Oberdöbling wurden 1942 von NS-Behörden beschlagnahmt. Die Liegenschaftshälfte von Karl F. in Rodaun – seit Herbst 1938 Teil des Stadtgebiets von Wien – wurde 1941 von einem auf Basis diskriminierender Vorschriften bestellten Treuhänder an Albert G., einen Sohn der Eigentümerin der anderen Liegenschaftshälfte, um ca. 1.800,– Reichsmark verkauft.

Nach dem Ende des NS-Regimes wurde der Nachlass von Karl F. gemäß dem gesetzlichen Erbrecht den Geschwistern seiner nach ihm verstorbenen Ehefrau Lilly F., Margarethe L. und Hans A., eingeantwortet. Diese waren auch die ErbInnen von Lilly F.

Nach Aufhebung der Beschlagnahme der drei Liegenschaften in Oberdöbling 1947 verkauften Margarethe L. und Hans A. diese in den Jahren 1949 und 1950. Ebenfalls 1949 schlossen sie einen außergerichtlichen Vergleich mit Albert G., in dem sie auf die Rückstellung der ehemals Karl F. gehörigen Liegenschaftshälfte in Rodaun gegen Zahlung von 3.000,– Schilling verzichteten. Die gesamte Liegenschaft wurde 1952 von Albert G. und den weiteren EigentümerInnen um 210.000,– Schilling an die E.W. verkauft. Diese ließ in weiterer Folge auf der Liegenschaft eine Kirche errichten und veräußerte daneben auch Teilflächen der historischen Liegenschaftsfläche unter anderem an die Stadt Wien.

Der von einem Enkel von Margarethe L. nun eingebrachte Antrag auf Naturalrestitution der Liegenschaften in Oberdöbling wurde abgelehnt, da diese nicht im öffentlichen Eigentum standen.

Weiters prüfte die Schiedsinstanz Inhalt und Zustandekommen des 1949 außergerichtlich geschlossenen Vergleichs über die ehemals Karl. F gehörige Liegenschaftshälfte in Rodaun. Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses waren Margarethe L. und Hans A. wegen der Art ihrer Rechtsnachfolge nach Karl F. nicht berechtigt gewesen, einen Antrag nach den Rückstellungsgesetzen gegen Albert G. zu stellen. Ein solcher Antrag wäre von der Rückstellungskommission wegen mangelnder Antragslegitimation zurückgewiesen worden. Somit stellte der Vergleich keine „extreme Ungerechtigkeit“ dar, und der Antrag auf Naturalrestitution wurde auch hinsichtlich der Liegenschaftshälfte in Rodaun abgelehnt.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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