Entscheidung Nr. 1106/2015

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Edith P., Empfehlung
Gertrude W., Empfehlung

Öffentliches Eigentum

Stadt Wien

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Rudolfsheim (01306), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

1106/2015

Datum

24.03.2015

Grund

Keine frühere Maßnahme iSd EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Verbundene Entscheidung

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1106/2015

Wien, Rudolfsheim
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 24. März 2015 die Rückstellung von der Stadt Wien gehörenden Grundflächen von 412 m² in Wien, Rudolfsheim empfohlen. Diese in der NS-Zeit unter Zwang verkauften Flächen waren nach 1945 Gegenstand eines Rückstellungsverfahrens, das 1963 beendet wurde, ohne dass über die Entziehung entschieden worden wäre. Eine Entschädigung für das entzogene Vermögen erfolgte nach 1945 nicht.

Berthold H. besaß im Jahr 1938 in Wien, Rudolfsheim die Hälfte eines 824 m² großen Bauplatzes, den er als Lagerplatz für seine Kohlenhandlung benützte. Nach dem „Anschluss“ wurde Berthold H., der nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 als jüdisch galt, gezwungen, seinen Liegenschaftsbesitz an eine „Arierin“ zu verkaufen. Er flüchtete mit seiner Familie nach New York und kehrte nicht mehr nach Wien zurück.

1952 beschloss die Stadt Wien, diese brachliegenden Flächen in Wien, Rudolfsheim entsprechend dem damaligen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zusammen mit angrenzenden Grundstücken zu bebauen. Nachdem Ankaufsverhandlungen betreffend diese Grundstücke zu keinem Ergebnis führten, enteignete die Stadt Wien 1957 gemäß der Wiener Bauordnung die damaligen EigentümerInnen, die 1958 je 60.000,– Schilling Entschädigung dafür erhielten.

Ein von der Sammelstelle A eingebrachter Rückstellungsantrag gegen die Stadt Wien wurde im Mai 1963 von der Obersten Rückstellungskommission mit der Begründung abgewiesen, dass die Stadt Wien zwar Eigentümerin der 1938 „arisierten“ Flächen sei, deren Erwerb allerdings in keinem Zusammenhang mit der Entziehung stehe.

Berthold H. erhielt somit weder seine 1938 enteigneten Grundstücksanteile noch seinen Anteil an der von der Stadt Wien bezahlten Enteignungsentschädigung zurück.

In der rechtlichen Beurteilung kam die Schiedsinstanz zu dem Schluss, dass weder der Antrag auf Rückstellung der 1938 entzogenen Grundflächen jemals materiell entschieden wurde, noch dass Berthold H. eine sonstige Entschädigung für das entzogene Liegenschaftsvermögen erhalten hatte. Da somit keine frühere Maßnahme im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes (EF-G) vorlag, empfahl die Schiedsinstanz mit Rücksicht auf den allgemeinen Zweck des EF-G, offene Vermögensfragen zu regeln, die Rückstellung der beantragten Liegenschaftsanteile.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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