Entscheidung Nr. 1080/2014

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Roger L., Ablehnung
Daniela N., Ablehnung
Marcus Paul N., Ablehnung
Ö., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Innere Stadt (01004), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

1080/2014

Datum

03.12.2014

Gründe

Kein Eigentum 1938-1945
Keine Entziehung iSd EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1080/2014

Wien, Innere Stadt
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 3. Dezember 2014 mehrere Anträge auf Restitution einer Liegenschaft in der Wien, Innere Stadt abgelehnt. Die Liegenschaft wurde 1938 von einer Bank in Liquidation an das Deutsche Reich verkauft, ging mit dem Staatsvertrag von 1955 in das Eigentum der Republik Österreich über. Die Schiedsinstanz sah den Verkauf 1938 nicht als Entzug im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes (EF-G) an und lehnte die Anträge daher ab.

Die beantragte Liegenschaft befand sich 1938 im Eigentum einer österreichischen Bank – Aktiengesellschaft, die sich seit 1926 in Liquidation befand. Bereits vor dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich wollte die Bank ihre Liegenschaft zu einem Preis verkaufen, der zumindest die Verbindlichkeiten der Bank decken und eine Ausschüttung an deren Aktionäre ermöglichen sollte, fand hierfür allerdings keinen Käufer. Als das Justizministerium nach dem „Anschluss“ für ihr bisheriges Amtsgebäude am Stubenring, das für militärische Zwecke geräumt werden musste, ein Ersatzobjekt benötigte, trat das Deutsche Reich an den Liquidator der Bank heran, um über den Verkauf der Liegenschaft zu verhandeln. Im Oktober 1938 verkaufte die Bank in Liquidation die Liegenschaft an das Deutsche Reich für 1,135.000,– Reichsmark.

Der Präsident und Hauptaktionär der Bank, Hugo L., galt ebenso wie einer der beiden Liquidatoren der Bank nach dem „Anschluss“ als Jude im Sinne der Nürnberger Gesetze von 1935 und floh 1938/39 mit seiner Familie nach England. Die älteste Tochter von Hugo L., Therese N., galt als „Mischling ersten Grades“. Aufgrund ihrer Heirat mit dem als „arisch“ geltenden zweiten Liquidator der Bank verblieb sie in Wien und übernahm treuhändig die Aktien ihres Vaters an der Bank.

1948 beantragte die Bank, vertreten durch ihren Liquidator Dr. Hans Paul N., die Rückstellung der Liegenschaft und gab an, diese unter Zwang und Androhung einer Beschlagnahme verkauft zu haben. Da die Liegenschaft als „Deutsches Eigentum“ galt, wurde das Rückstellungsverfahren unterbrochen und erst nach dem Staatsvertrag 1955 weitergeführt. 1958 verzichtete die nach wie vor in Liquidation befindliche Bank gegen Zahlung einer Ausgleichssumme in Höhe von 800.000,– Schilling auf eine Rückstellung der Liegenschaft. 1961 wurde die Bank schließlich im Handelsregister gelöscht.

In ihrer rechtlichen Beurteilung prüfte die Schiedsinstanz, ob die Anträge der Nachkommen von Hugo L. fristwahrend für den erst 2013 eingebrachten Antrag der Bank, vertreten durch den im selben Jahr bestellten Nachtragsliquidator, waren und bejahte dies. Jedoch lehnte die Schiedsinstanz unter anderem die Anträge auf Naturalrestitution deshalb ab, weil die frühere Maßnahme, der Vergleich von 1958, nicht „extrem ungerecht“ angesehen wurde.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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