Entscheidung Nr. 1106a/2015
Antrag
AntragstellerIn, Status
Gertrude W., Empfehlung
Öffentliches Eigentum
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Grund
Typ
Anonymisierter Volltext
Verbundene Entscheidung
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1106a/2015/2015
Berthold H. besaß im Jahr 1938 in Wien, Rudolfsheim die Hälfte eines 824 m² großen Bauplatzes, den er als Lagerplatz für seine Kohlenhandlung benützte. Nach dem „Anschluss“ wurde Berthold H., der nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 als Jude galt, gezwungen, seinen Liegenschaftsbesitz an eine „Arierin“ zu verkaufen. Er flüchtete mit seiner Familie nach New York und kehrte nicht mehr nach Wien zurück.
1952 beschloss die Stadt Wien, diese brachliegenden Flächen in Wien, Rudolfsheim – entsprechend dem damaligen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan – zusammen mit angrenzenden Grundstücken zu bebauen. Nachdem Ankaufsverhandlungen betreffend diese Grundstücke zu keinem Ergebnis führten, enteignete die Stadt Wien 1957 gemäß der Wiener Bauordnung die damaligen EigentümerInnen, die 1958 je 60.000,– Schilling Entschädigung dafür erhielten.
Ein von der Sammelstelle A eingebrachter Rückstellungsantrag gegen die Stadt Wien wurde im Mai 1963 von der Obersten Rückstellungskommission mit der Begründung abgewiesen, dass die Stadt Wien zwar Eigentümerin der 1938 „arisierten“ Flächen sei, deren Erwerb allerdings in keinem Zusammenhang mit der Entziehung stehe. Berthold H. erhielt somit weder seine 1938 enteigneten Grundstücksanteile noch seinen Anteil an der von der Stadt Wien bezahlten Enteignungsentschädigung zurück.
In der rechtlichen Beurteilung kam die Schiedsinstanz in der Entscheidung Nr. 1106/2015 zu dem Schluss, dass weder der Antrag auf Rückstellung der 1938 entzogenen Grundflächen jemals materiell entschieden wurde, noch dass Berthold H. eine sonstige Entschädigung für das entzogene Liegenschaftsvermögen erhalten hatte. Da somit keine frühere Maßnahme im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes (EF-G) vorlag, empfahl die Schiedsinstanz mit Rücksicht auf den allgemeinen Zweck des EF-G, offene Vermögensfragen zu regeln, die Rückstellung der beantragten Liegenschaftsanteile.
Eine Rückstellung in natura war nicht durchführbar, da diese Grundstücke Teil einer Städtischen Wohnhausanlage waren. Aus diesem Grund holte die Schiedsinstanz nach Konsultation mit der Stadt Wien ein Verkehrswertgutachten einer unabhängigen Sachverständigen über die zugesprochenen Liegenschaftsanteile ein. Diese beurteilte den Wert der gegenständlichen Liegenschaft mit 948.000,– Euro. Die Schiedsinstanz hat daher der Stadt Wien empfohlen, den Antragstellerinnen insgesamt 948.000,– Euro auszubezahlen.
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