Entscheidung Nr. 1159/2016

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

IK. G., Ablehnung
IK. W., Ablehnung

Vermögensart

beweglich

bewegliches Vermögen

Archivalien des Jüdischen Zentralarchivs

Entscheidung

 

Nummer

1159/2016

Datum

15.03.2016

Gründe

Keine Zuständigkeit der Schiedsinstanz bzw. kein Anwendungsbereich des EF-G
Keine Entziehung iSd EF-G

Typ

formal

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1159/2016

Burgenland, Eisenstadt

Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 15. März 2016 Anträge auf Naturalrestitution des Jüdischen Zentralarchivs des Burgenlandes abgelehnt, weil kein öffentliches Eigentum nach dem Entschädigungsfondsgesetz (EF-G) festgestellt werden konnte. Aus der Ablehnung der Anträge kann nicht geschlossen werden, dass die Archivalien des Jüdischen Zentralarchivs nicht der IK W. oder der Israelitischen Religionsgesellschaft zuordenbar sind.

Das Jüdische Zentralarchiv wurde in den Jahren 1930/31 auf Initiative des Eisenstädter Weinhändlers und Kunstsammlers Sándor W. mit dem Ziel gegründet, aufbewahrungswürdige Archivalien der Israelitischen Kultusgemeinden des Burgenlandes, aber auch solche aus jüdischem Privatbesitz, zu sammeln und zu archivieren. Bis zum „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich hatten die Kultusgemeinden von Deutschkreutz, Unterberg-Eisenstadt, Frauenkirchen, Gattendorf, Güssing, Kittsee, Kobersdorf, Lackenbach, Mattersburg, Rechnitz und Oberwart (Stadt Schlaining) und einige Privatpersonen dem Zentralarchiv unterschiedlichste Archivalien als Leihgaben übergeben.

Am 26. März 1938 wurden die Archivalien des Zentralarchivs, das in einer jüdischen Schule der IKG Unterberg-Eisenstadt untergebracht war, aus konservatorischen Gründen behördlich sichergestellt. Im Oktober 1938 übernahm das neu errichtete Filialarchiv Eisenstadt, das – nach Auflösung des Burgenlandes – dem Gauarchiv Niederdonau unterstellt war, die Bestände des Zentralarchivs. Bis 1945 wurden dem Zentralarchiv weitere Archivbestände der während der NS-Herrschaft aufgelösten burgenländischen Kultusgemeinden samt Unterlagen von jüdischen Schulen und Vereinen eingegliedert.

Im Jahr 1960 beantragte die wiedererrichtete IK W. die Übergabe des Zentralarchivs, was vom Amt der Burgenländischen Landesregierung abgelehnt wurde. In den Folgejahren bis zumindest 1981 scheiterten wiederholte Verhandlungen zwischen der IK. W., den Jerusalemer Central Archives, den jeweiligen israelischen Botschaftern in Österreich und dem israelischen Innenministerium auf der einen Seite und dem Amt der burgenländischen Landesregierung, dem burgenländischen Landeshauptmann, dem burgenländischen Kulturlandesrat, dem Archivamt und dem österreichischen Bundeskanzler auf der anderen Seite. Von 1989 bis 1996 wurden die Bestände des Zentralarchivs auf Bitte der Central Archives schließlich mikroverfilmt und die Mikrofilme dem Jerusalemer Archiv übergeben.

Die Schiedsinstanz kam in ihrer rechtlichen Beurteilung zu dem Schluss, dass weder das Land Burgenland noch die Republik Österreich zum Stichtag nach dem EF-G, dem 17. Jänner 2001, EigentümerInnen des Jüdischen Zentralarchivs waren. Zudem lag keine Entziehung im Sinne des EF-G vor, noch kam es in irgendeiner anderen Form zu einer Verfügung über das Archiv, die zu einer Eigentumsveränderung zugunsten von Bund, Land oder einer Gemeinde geführt hätte. Damit sind aber wesentliche Voraussetzungen des EF-G für eine Naturalrestitution nicht erfüllt. Die Anträge auf Naturalrestitution des Jüdischen Zentralarchivs des Burgenlandes waren daher abzulehnen. Des Weiteren hielt die Schiedsinstanz fest, dass daraus nicht geschlossen werden kann, dass die Archivalien des Jüdischen Zentralarchivs nicht der IK W. oder der Israelitischen Religionsgesellschaft zuordenbar sind.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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