Entscheidung Nr. 1161/2016

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Jacqueline S., Ablehnung
Jacques S., Ablehnung

Öffentliches Eigentum

Stadt Wien

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Fischamend Dorf (05203), Fischamend, Niederösterreich | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

1161/2016

Datum

15.03.2016

Grund

Rückstellung nach 1945 bereits erfolgt

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1161/2016

Niederösterreich, Fischamend Dorf

Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 15. März 2016 zwei Anträge auf Naturalrestitution einer Liegenschaft, die am 17. Jänner 2001 im Eigentum der Stadt Wien stand, abgelehnt. Die Flächen waren nach 1945 schon einmal zurückgestellt worden.

Der Gutsbestand der beantragten Liegenschaft war Teil des rund 400 ha großen Gutes im östlichen Niederösterreich, das im Jahr 1938 dem jüdischen Industriellen Dr. Arnold S. gehörte. Das Gut wurde land- und forstwirtschaftlich genutzt und bestand neben Äckern und Weideland aus ausgedehnten Wäldern und Augebieten.

Dr. Arnold S. wurde nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich inhaftiert; im Mai 1938 gelangen ihm und seiner Frau Ida die Flucht. Das Paar flüchtete zunächst in die Tschechoslowakei, später nach Frankreich.

Nachdem Verkaufsverhandlungen von Dr. Arnold S. sowohl mit der Deutschen Ansiedlungsgesellschaft, die das Gut für Zwecke der Ersatzlandbeschaffung, als auch der Reichsforstverwaltung, die die Augebiete des Gutes als Jagdgebiet erwerben wollte, gescheitert waren, wurde das Gut im Jahr 1939 nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Landbeschaffung für Zwecke der Wehrmacht gegen Zahlung einer Entschädigungssumme zugunsten der Deutschen Ansiedlungsgesellschaft enteignet.

Im Jahr 1944 verstarb Dr. Arnold S. in Frankreich. Als seine ErbInnen wurden im Jahr 1948 seine Frau und seine drei Kinder eingeantwortet. Diese hatten den Holocaust in der Emigration überlebt.

Ida S. und ihre Kinder beantragten in der Folge die Rückstellung des Gutes. Dieses bestand weiterhin als eigenständiger landwirtschaftlicher Betrieb und war, obwohl in der Zone der sowjetischen Besatzungsmacht gelegen, nicht beschlagnahmt worden. Im Jahr 1956 schlossen die RückstellungswerberInnen mit der Republik Österreich, die aufgrund des Staatsvertrages von 1955 Eigentümerin der Liegenschaften des Gutes geworden war und die die seinerzeitige Entziehung des Gutes bejaht hatte, zwei Vergleiche, denen zufolge das Gut in gleichem Flächenausmaß in das Eigentum der ErbInnen von Dr. S. gelangte. Die damals noch offenen Fragen der Gegenverrechnung wurden 1958 ebenfalls verglichen.

Ida S. und ihre Kinder verkauften die Liegenschaften in den Jahren 1956 bis 1958, großteils an lokale LandwirtInnen. Im Zuge dieser Abverkäufe wurde im Jahr 1957 für mehrere Grundstücke aus dem Gutsbestand die rund 59 ha große antragsgegenständliche Liegenschaft neu angelegt. Im Jahr 1977 wurde diese von der Stadt Wien erworben.

Der Gutsbestand der antragsgegenständlichen Liegenschaft wurde somit bereits einmal zurückgestellt. In Fällen wie diesen hat die Schiedsinstanz bereits wiederholt ausgesprochen, dass ihr eine Empfehlung auf nochmalige Rückstellung verwehrt ist, und lehnte die Anträge auf Naturalrestitution ab.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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