Entscheidung Nr. 411/2007

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Verein Yeshivah Mesivta A., Zurückweisung

Vermögensart

beweglich und unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Deutschkreutz (33003), Deutschkreutz, Burgenland | auf Landkarte anzeigen

bewegliches Vermögen

Bewegliches Vermögen, insbesondere der gesamte Hausrat des Rabbiners, eine umfangreiche Bibliothek mit unersetzlichen Werken, silberne Tassen und Tabletts, einen silbernen Gewürzbehälter, 10 silberne Kerzenleuchter, 10 silberne Esther-Rollen, ein Brotmess

Entscheidung

 

Nummer

411/2007

Datum

11.12.2007

Grund

Keine Rechtsnachfolge

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Verbundene Entscheidung

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 411/2007

Burgenland, Deutschkreutz
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 11. Dezember 2007 den Antrag einer jüdischen Vereinigung auf Rückstellung von vier Liegenschaften in der Ortschaft Deutschkreutz und von beweglichen Vermögenswerten der ehemaligen Israelitischen Kultusgemeinde Deutschkreutz zurückgewiesen. Da das Zweite Rückstellungsanspruchgesetz bereits im Jahre 1951 der Israelitischen Kultusgemeinde Wien die Berechtigung zur Geltendmachung dieser Rückstellungsansprüche übertragen hatte, ist die Rechtsnachfolge der Antragstellerin nicht gegeben und diese nicht zur Antragstellung legitimiert.

Die mit einer Thora-Schule, der Synagoge und anderen Gebäuden bebauten Liegenschaften in Deutschkreutz gehörten 1938 der IKG Deutschkreutz bzw. zwei der IKG zugehörigen Vereinen. Drei Liegenschaften mussten im Juli 1940 um 5.000,- Reichsmark an die Gemeinde Deutschkreutz verkauft werden. Die vierte Liegenschaft wurde zuerst aufgrund einer offenen Forderung zugunsten der Gemeindesparkasse Sauerbrunn zwangsversteigert. Später wurde diese Liegenschaft ebenfalls der Gemeinde Deutschkreutz zugewiesen.

In Folge wurde durch die Gemeindeverwaltung Deutschkreutz die Demolierung aller auf den Liegenschaften befindlichen Gebäude angeordnet, zuletzt wurde 1941 die Synagoge gesprengt. Die gesamte jüdische Bevölkerung der IKG Deutschkreutz war bereits Anfang Mai 1938 ausgewiesen worden bzw. ins Ausland geflohen. Der Verbleib der Kultgegenstände und sonstiger Vermögenswerte der Kultusgemeinde ist weitgehend ungeklärt. Mit Bescheid des Reichsstatthalters in Niederdonau vom 25. Juli 1940 wurde die IKG Deutschkreutz aufgelöst und der IKG Wien angegliedert.

Der Oberrabbiner der IKG Deutschkreutz konnte 1938 in die USA emigrieren und gründete dort mit ehemaligen Gemeindemitgliedern die den gegenständlichen Antrag stellende Vereinigung.

Nach 1945 wurde durch das Zweite Rückstellungsanspruchsgesetz den bestehenden Israelitischen Kultusgemeinden die Berechtigung erteilt, die Rückstellungsansprüche der im Bereich der Israelitischen Religionsgesellschaft aufgelösten juristischen Personen geltend zu machen. Sollte während eines Rückstellungsverfahrens die örtlich zuständige Israelitische Kultusgemeinde wieder eingerichtet werden, so konnte diese in die Rechte an dem in Rückstellung begriffenen oder rückgestellten Vermögen eintreten.

1951 stellte die IKG Wien einen Antrag auf Rückstellung der Liegenschaften nach dem Dritten Rückstellungsgesetz in Verbindung mit dem Zweiten Rückstellungsanspruchsgesetz. Mit Beschlüssen der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vom Jänner 1952 wurde den Anträgen stattgegeben und die vier gegenständlichen Liegenschaften an die IKG Wien rückgestellt. Da sich in Deutschkreutz keine neue Kultusgemeinde gegründet hat, daher auch die aufgelösten Vereine nicht wiedererrichtet wurden und zudem der Sprengel Deutschkreutz später der IKG Wien zugewiesen worden war, war die IKG Wien zur Antragstellung im Sinne der Rückstellungsgesetze berechtigt.

Die vom Zweiten Rückstellungsanspruchsgesetz vorgenommene Zuweisung der Rückstellungsansprüche an die IKG Wien entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 15 Staatsgrundgesetz. Auch wenn § 27 Abs. 2 Entschädigungsfondsgesetz für die Beurteilung der Frage, ob eine Vereinigung Rechtsnachfolgerin einer aufgelösten Vereinigung ist, einen weit gesteckten Rahmen vorgibt, sieht die Schiedsinstanz keinen Grund, abweichend von dieser Rechtslage die Rechtsnachfolge der Antragstellerin zu bejahen.

Die Schiedsinstanz sieht demzufolge die Antragstellerin hinsichtlich der Rückstellungsansprüche der aufgelösten IKG Deutschkreutz und ihrer Vereine nicht als Rechtsnachfolgerin an. Somit ist die Antragslegitimation gemäß § 27 Abs. 2 EF-G nicht gegeben. Aus diesen Gründen war der Antrag auf Naturalrestitution zurückzuweisen.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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