Entscheidung Nr. 206a/2008

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Joan R., Empfehlung
Paul Ludwig W., Empfehlung

Öffentliches Eigentum

Stadt Wien

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Neuwaldegg (01404), Wien, Wien | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

206a/2008

Datum

26.05.2008

Grund

Zuspruch eines vergleichbaren Vermögenswerts iSd § 34 EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Verbundene Entscheidung

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 206a/2008

Wien, Neuwaldegg

Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 26. Mai 2008 in einer Ergänzung zur Entscheidung 206/2006 empfohlen, den AntragstellerInnen einen Vermögenswert von 7.400,- Euro zuzusprechen. In der Entscheidung 206/2006 war der Rückstellungsantrag zu einer im Eigentum der Stadt Wien befindlichen Liegenschaft in Wien, Neuwaldegg hinsichtlich eines Drittelanteils positiv entschieden worden. Da ein kleinerer Teil der Liegenschaft (93 m²) heute Straßengrund ist, sah die Schiedsinstanz hierfür eine Rückstellung in Natura als nicht zweckmäßig an. In solchen Fällen sieht das Entschädigungsfondsgesetz den Zuspruch eines vergleichbaren Vermögenswertes vor.

Die beantragte Liegenschaft befand sich 1938 im Eigentum der Geschwister Paul W., Hermine W. und Helene S. Die Geschwister W. galten 1938 als Juden im Sinne der Nürnberger Gesetze. Paul W. wurde es verboten, weiter zu lehren und als Konzertpianist öffentlich aufzutreten. Um einer Verfolgung zu entgehen und um seinen Beruf weiter ausüben zu können, emigrierte er 1938 über die Schweiz in die USA. Seine beiden Schwestern blieben während der gesamten NS-Zeit in Österreich.

1939 wurde den Geschwistern W. durch eine Vereinbarung mit der Deutschen Reichsbank, die auf die Ablieferung der Devisen des in der Schweiz veranlagten Familienvermögens drängte, der Status von so genannten Mischlingen zugesprochen. Im Zuge der Umsetzung dieser Vereinbarung musste Paul W. seine Liegenschaften, darunter das betreffende Liegenschaftsdrittel in Neuwaldegg, an seine Schwestern veräußern. Der Kaufpreis wurde zur teilweisen Abdeckung der Reichsfluchtsteuer von Paul W. in der Höhe von 1,6 Mio. Reichsmark verwendet.

Nach 1945 strengte Paul W. kein Rückstellungsverfahren an. Die Schiedsinstanz konnte auch keine sonstige Entschädigung feststellen. Da bezüglich des Ein-Drittel-Anteils von Paul W. kein früheres Verfahren festgestellt werden konnte, erkannte die Schiedsinstanz den Anspruch der Erben von Paul W. als dem Grunde nach zu Recht bestehend an und empfahl eine Rückstellung des betreffenden Anteils.

Die zur Liegenschaft gehörigen Grundstücke entsprechen heute jedoch nur zum Teil dem Stand von 1938. Ein Teil der damaligen Liegenschaft ist heute im Privatbesitz und wurde daher von der Schiedsinstanz zur Rückstellung abgelehnt.

Der Großteil der zur Rückstellung empfohlenen Liegenschaft im Ausmaß von rund 8,6 ha (86.000 m²) besteht aus landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie Wald. Ein kleinerer Liegenschaftsteil (93 m²) ist heute Straßengrund. Die Schiedsinstanz sah für Letzteres eine Rückstellung in Natura als nicht zweckmäßig an und beschloss, nach Konsultationen mit der Stadt Wien einen vergleichbaren Vermögenswert zuzusprechen. Zur Ermittlung des aktuellen Verkehrswertes des Liegenschaftsanteils wurde ein von einer unabhängigen Sachverständigen erstelltes Schätzgutachten eingeholt. Auf Basis dieses Gutachtens empfahl die Schiedsinstanz dem amtsführenden Wiener Stadtrat für die Finanzverwaltung, den AntragstellerInnen 7.400,- Euro zuzusprechen.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
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