Entscheidung Nr. 735a/2011

Antrag

 

AntragstellerIn, Status

Judith B., Empfehlung
Edna H., Empfehlung
Lea K., Empfehlung
Roni N., Empfehlung
Irith S., Empfehlung
Tamar T., Empfehlung
Anat V., Empfehlung

Öffentliches Eigentum

Land Niederösterreich
Republik Österreich

Vermögensart

unbeweglich

Liegenschaft/en in

KG Markgrafneusiedl (06213), Markgrafneusiedl, Niederösterreich | auf Landkarte anzeigen

Entscheidung

 

Nummer

735a/2011

Datum

13.12.2011

Grund

Zuspruch eines vergleichbaren Vermögenswerts iSd § 34 EF-G

Typ

materiell

Anonymisierter Volltext

Verbundene Entscheidung

Pressemitteilung

Pressemitteilung Entscheidung Nr. 735a/2011

Niederösterreich, Markgrafneusiedl
Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution hat am 13. Dezember 2011 in Ergänzung zu ihrer Entscheidung Nr. 735/2011 empfohlen, den AntragstellerInnen einen Vermögenswert von 507.110,– Euro zuzusprechen. In der Entscheidung Nr. 735/2011 war der Rückstellungsantrag zu Grundflächen, die am 17. Jänner 2001 in öffentlichem Eigentum gestanden waren, positiv entschieden worden. Da sich mittlerweile ein Großteil dieser Grundflächen nicht mehr in öffentlichem Alleineigentum befindet, sah die Schiedsinstanz eine Rückstellung in natura als undurchführbar an. In solchen Fällen sieht das Entschädigungsfondsgesetz den Zuspruch eines vergleichbaren Vermögenswertes vor.

Samuel D. besaß im Jahr 1938 eine ca. 30 Hektar große Landwirtschaft in Markgrafneusiedl. Nach dem „Anschluss“ begann die reichsdeutsche Luftwaffe im Gemeindegebiet von Markgrafneusiedl mit der Errichtung eines geheimen Militärflugplatzes. Zum Flughafengelände musste Samuel D. Ackerflächen von rund 6,6 Hektar beitragen. Während andere betroffene GrundeigentümerInnen Ersatzflächen erhielten, musste Samuel D. als Jude seinen ganzen Besitz – unter anderem auch das etwa drei Kilometer vom Flughafengelände entfernte Bauernhaus – an die Luftwaffe verkaufen. Im Sommer 1938 wurden Samuel D. und seine Ehegattin Marie aus Markgrafneusiedl vertrieben. Beide verstarben 1941 in Wien.

Nach Kriegsende wurde der Flughafen als „Deutsches Eigentum“ von der sowjetischen Besatzungsmacht beansprucht. Im Juni 1951 beantragten die Erbinnen von Samuel D. die Rückstellung des 1938 entzogenen Besitzes. Das Verfahren wurde allerdings unterbrochen und erst nach dem Abzug der alliierten Truppen im Jahr 1955 weitergeführt. Im selben Jahr ging mit dem Abschluss des Staatsvertrages von Wien auch das Eigentum an den beantragten Liegenschaftsflächen auf die Republik Österreich über. Diese bestritt das Vorliegen einer Vermögensentziehung. Sowohl die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als auch der Bundesminister für Finanzen folgten dieser Ansicht und lehnten den Rückstellungsanspruch 1959 bzw. 1960 ab.

In der rechtlichen Beurteilung des Falles kam die Schiedsinstanz zum Schluss, dass es sich bei dem Verkauf der Liegenschaft Samuel D.s im Jahr 1938 um einen Entzug im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes handelte und somit eine offene Entschädigungsfrage im Sinne des Gesetzes vorlag. Die Schiedsinstanz empfahl daher die Rückstellung von 66.360 m² an die sieben AntragstellerInnen. Da 39 m² des entzogenen Grundbesitzes heute Teil einer Landesstraße sind und 66.421 m² mittlerweile nicht mehr in öffentlichem Alleineigentum stehen, ist eine tatsächliche Rückgabe dieser Liegenschaftsteile nicht möglich. Die Schiedsinstanz hat daher durch eine unabhängige Sachverständige den aktuellen Verkehrswert ermitteln lassen und dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie der niederösterreichischen Landesregierung empfohlen, den AntragstellerInnen die festgestellten 507.110,- Euro zu vergüten.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmter Text, der die Schiedsinstanz nicht bindet.
Für Rückfragen: