Entscheidung Nr. 1121a/2015
Antrag
AntragstellerIn, Status
Jonathan B., Empfehlung
Olga Maria B., Empfehlung
Sabrina B., Empfehlung
Gerhard Franz H., Empfehlung
Ariel M., Empfehlung
Larissa P., Empfehlung
Miguel Carlos R., Empfehlung
Roberto Enrique R., Empfehlung
Elfriede T., Empfehlung
Öffentliches Eigentum
Stadt Wien
Vermögensart
Liegenschaft/en in
Entscheidung
Nummer
Datum
Grund
Typ
Anonymisierter Volltext
Verbundene Entscheidungen
Pressemitteilung
Pressemitteilung Entscheidung Nr. 1121a/2015
Nelly Me., die als Jüdin im Sinne der Nürnberger Gesetze von 1935 galt, besaß im Jahr 1938 eine landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft am Wiener Küniglberg im Ausmaß von rund 4.000 m2, welche im Herbst 1938 durch den Reichsfiskus (Luftfahrt) gekauft wurde. Nelly Me. wurde im Mai 1942 in die Vernichtungsstätte Maly Trostinec bei Minsk deportiert und ermordet.
Nach Kriegsende wurde kein Anspruch auf die Rückstellung der Liegenschaft geltend gemacht. Mit dem Staatsvertrag von Wien ging das Eigentum an der beantragten Liegenschaft an die Republik Österreich über. Die aufgrund des Staatsvertrags eingerichteten Sammelstellen stellten 1960 bei der zuständigen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland einen Antrag auf Rückstellung der ehemals Nelly Me. gehörigen Liegenschaft. Das Rückstellungsverfahren ging bis zum Verwaltungsgerichtshof, der die Rückstellung ebenso wie die Unterinstanzen ablehnte, da der Verkauf an das Deutsche Reich keine Entziehung im Sinne des 3. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes dargestellt habe.
In ihrer rechtlichen Beurteilung kam die Schiedsinstanz in der Entscheidung Nr. 1121/2015 zu dem Schluss, dass es sich bei dem zwangsweisen Verkauf der Liegenschaft Nelly Me.s im Jahr 1938 um einen Entzug aus Verfolgungsgründen im Sinne des EF-G handelte, vor allem da Nelly Me. keine Verfügungsgewalt über den gesamten Kaufpreis oder die Möglichkeit hatte, sich wie einer ihrer Nachbarn beim Verkauf der Liegenschaft die Beschaffung eines Ersatzgrundstücks auszubedingen.
Die Ablehnung des Rückstellungsantrags durch das Bundesministerium für Finanzen im Jahr 1961 stellte zwar keine „extreme Ungerechtigkeit“ im Sinne des Entschädigungsfondsgesetzes (EF-G) dar, da die Begründung der Behörde der damaligen Gesetzeslage entsprach. Allerdings zeigte sich bei der Prüfung durch die Schiedsinstanz, dass der umfassendere Entzugsbegriff des EF-G aus 2001 dem engen Entzugsbegriff des 3. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes vorgeht. Da der Entzugsbegriff des 3. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes damit außer Kraft gesetzt ist, konnte der auf Grundlage dieses Gesetzes ergangene Bescheid der Finanzlandesdirektion unbeachtlich bleiben. Mit Rücksicht auf den Zweck des EF-G, offene Vermögensfragen zu regeln, empfahl die Schiedsinstanz die Naturalrestitution.
Eine Rückstellung in natura war für eine 174 m² große Teilfläche im Eigentum der Stadt Wien nicht durchführbar, da diese Teil einer Straße war. Aus diesem Grund holte die Schiedsinstanz nach Konsultation mit der Stadt Wien ein Verkehrswertgutachten einer unabhängigen Sachverständigen über die zugesprochene Straßenfläche ein. Diese beurteilte den Wert der gegenständlichen Teilfläche mit 130.500,– Euro. Die Schiedsinstanz hat daher der Stadt Wien empfohlen, den AntragstellerInnen jene Anteile des Betrages von insgesamt 130.500,– Euro auszubezahlen, die ihren Erbanteilen entsprechen.
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